Erst die Oper, jetzt die Mülheimer Brücke! In Köln explodieren die Kosten bei fast jedem Bauprojekt. Die Bürgerinnen und Bürger sind frustriert und fragen sich: Warum passiert das immer wieder?
Kölner Groß-BaustellenPures Chaos! Warum wird immer alles teurer und dauert länger?

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Die Baustelle, an der das „Museum im Quartier“ entstehen soll. Eine von vielen Groß-Baustellen in Köln, die nicht nach Plan verlaufen.
Ein Schock nach dem anderen für die Kölnerinnen und Kölner! Die Sanierung der vier städtischen Bühnen sollte mal 253 Millionen Euro kosten. Heute? Eine unfassbare Summe von rund 1,5 Milliarden Euro, wenn man alles mitrechnet. Und das ist nur der Anfang vom Bau-Desaster.
Und es geht munter weiter: die Mülheimer Brücke! Aus geplanten 116,3 Millionen Euro wurden erst 301,5 Millionen, jetzt sollen es fast 500 Millionen Euro sein! Die Verwaltung gibt schon zu: Selbst das wird nicht reichen. Fertig? Vielleicht 2029 – nach elf Jahren Bauzeit!
Die große Frage, die sich alle stellen: Kann Köln das nicht besser? Warum enden so viele Großprojekte im Desaster? Eine Spurensuche im Kölner Baustellen-Dschungel.
Schon 2017 schlug Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) Alarm: „Die größte Herausforderung derzeit ist das Bauen – bei der Performance der Stadtverwaltung in diesem Zusammenhang darf es nicht bleiben.“ Sie gestand sogar dem Stadtrat zu: „Ich habe Verständnis dafür, dass Sie der Verwaltung bei Bauprojekten keinen Vertrauensvorschuss mehr geben.“

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Die Baustelle der Mülheimer Brücke.
Passiert ist seitdem: wenig. Die Projekte werden weiter teurer, die Bauzeiten länger. Das nagt am Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in ihre Stadt. Die Verwaltung gibt selbst zu: „Die Bürgerinnen und Bürger erwarten vom Staat zu Recht Verlässlichkeit.“ Doch die gibt es in Köln bei Baustellen offenbar nicht.
Jetzt soll es ein neues „Begleitgremium“ richten. OB Reker will damit für ein „professionelles Projektmanagement“ sorgen. Ob ein weiteres Gremium die Probleme wirklich löst? Viele sind skeptisch.
Schon vor drei Jahren hatte die Stadt versprochen, bei der Mülheimer Brücke genauer hinzusehen, um „realistischere Baukosten und Bauzeiten angeben zu können“. Ein Versprechen, das angesichts der erneuten Kostenexplosion wie Hohn klingt.
Die Stadt verteidigt sich: Man sei nicht allein, man denke nur an den Berliner Flughafen. Es gebe „systemische Herausforderungen“. Krisen wie die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg und explodierende Baupreise kämen dazu.

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Der Neubau der Heliosschule in Ehrenfeld.
Doch Experten und Expertinnen widersprechen. Thomas Sindermann, Sachverständiger für Baupreise, macht klar: Viele Probleme seien hausgemacht! Eine „gründliche Planung und vorausschauende Projektvorbereitung“ könnten das Schlimmste verhindern.
Genau das empfahl auch schon vor zehn Jahren eine Expertenkommission der Bundesregierung: Erst planen, dann bauen! Und nicht den billigsten Anbieter nehmen, sondern den wirtschaftlichsten. Sonst wird es am Ende teurer.
Ein perfektes Beispiel für das Chaos ist der Bau des Museums im Quartier (Miqua) vor dem Rathaus. Die Stadt kündigte 2021 dem Stahlbauer, weil sie unzufrieden mit ihm war. Erst zwei Jahre später übernahm der Nachfolger. Zwei verlorene Jahre, die Geld und Nerven kosteten.
Für die Politikerinnen und Politiker im Rat ist das ein Dilemma. Wenn ein Projekt einmal läuft, kann man es kaum noch stoppen. Sonst wäre das bereits ausgegebene Geld futsch. Also nicken sie zähneknirschend die nächste Kostenexplosion ab.
Vor drei Jahren legte die Verwaltung dem Rat eine Liste mit Projekten im Wert von acht Milliarden Euro vor – und hoffte auf Entscheidungen. Passiert ist: nichts. Am Ende musste OB Reker selbst Projekte wie die Erweiterung der Hohenzollernbrücke für Radfahrer und Fußgänger auf Eis legen.
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Als sie im Rat sagte, Köln könne sich nicht mehr alles leisten, sei sie „ausgebuht und ausgepfiffen worden“, so Reker. Ihre klare Ansage an die Politikerinnen und Politiker: „Es geht nicht alles gleichzeitig.“
Nun geht die Amtszeit von Reker zu Ende. Die Bau-Probleme sind geblieben, auch unter Baudezernent und CDU-OB-Kandidat Markus Greitemann. Er verweist auf Erfolge im Schulbau, wo er ohne die „komplexen Bremsen des Verwaltungsapparats“ arbeiten könne.
Die Bühnen-Sanierung sollte Rekers großes Finale werden. Stattdessen wird sie wohl erst 2026 fertig. Aus drei Jahren wurden vierzehn. Es dauert länger und kostet mehr. Wie so oft in Köln. (red)