Was für eine Szene im Kölner Justizgebäude! Mitten im Prozess um einen miesen Schockanruf zückt der Anwalt der Angeklagten plötzlich eine Tasche mit 100.000 Euro Bargeld.
Irre Szene im Kölner GerichtAnwalt packt 100.000 Euro auf den Tisch

Copyright: Hendrik Pusch
Die Angeklagte mit ihrem Verteidiger André Wallmüller beim Prozessauftakt im Landgericht.
Aktualisiert
Der Fall, der dahintersteckt, ist an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Eine Abzocker-Bande hatte eine 93-jährige Kölnerin mit der fiesen Masche des Schockanrufs um Goldmünzen im Wert von unfassbaren 311.000 Euro gebracht.
Jetzt steht eine der Täterinnen, eine 24-jährige zweifache Mutter aus Berlin, vor dem Kölner Landgericht. Sie soll die Beute als „Abholerin“ kassiert haben.
Die Täter und Täterinnen gaukelten der Seniorin am Telefon vor, ihre Enkelin sei schwer an Corona erkrankt und bräuchte dringend drei Spezial-Spritzen für insgesamt 120.000 Euro. „Die Geschädigte suchte nach Bargeld, hatte aber nur 8000 Euro im Haus“, zitierte der Staatsanwalt. Doch dann der „Jackpot“ für die Betrüger und Betrügerinnen: Die alte Dame erinnerte sich an 144 wertvolle Goldmünzen in ihrem Tresor.
Kurz darauf stand die Angeklagte als angebliche Mitarbeiterin der Uniklinik vor der Tür. Dreist half sie der Seniorin laut Anklage sogar noch dabei, den Safe zu öffnen, packte die Goldmünzen in einen Beutel und verschwand.
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Ein Betrug mit tragischen Folgen! Erst am nächsten Tag wurde der 93-Jährigen klar, dass sie Opfer von Betrügern und Betrügerinnen geworden war. „Ganz fürchterlich“ sei sie auf den Enkeltrick hereingefallen, schilderte sie verzweifelt in einem Notruf bei der Polizei. Ihr Sohn berichtete im Gerichtssaal, dass seine Mutter nach der Tat jeden Lebensmut verloren habe. Sie verstarb im Januar.
Die 24-jährige Angeklagte hat die Vorwürfe zum Prozessauftakt eingeräumt. Die Ermittler und Ermittlerinnen kamen ihr auf die Spur, weil sie Fingerabdrücke am Tresor hinterlassen hatte. Da sie schon als Jugendliche straffällig wurde, waren ihre Daten im Polizeicomputer gespeichert. Von der riesigen Beute habe sie nur vier Münzen behalten dürfen und erst beim Verkauf gemerkt, wie wertvoll diese gewesen seien.
Anwalt packt in Kölner Gericht 100.000 Euro auf den Tisch
Das führte zu der kuriosen Szene, mit der der Prozess startete: Verteidiger André Wallmüller präsentierte eine Tasche mit 100.000 Euro Bargeld. Das berichtet der „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das Geld soll von den Hinterleuten eines Clans stammen und war im Sinne des Täter-Opfer-Ausgleichs als Wiedergutmachung gedacht. Wohl in der Hoffnung auf ein milderes Urteil.
Doch der Sohn der Verstorbenen lehnte das Geld ab und bestand auf der Begleichung der kompletten Schadenssumme. Anwalt Wallmüller packte die Geldtasche daraufhin wieder ein, sagte: „Die Geldzahlung war eigentlich vorher so vereinbart.“ Der Prozess wird nun im Oktober fortgesetzt. (red)