Ein ehemaliger Oberstaatsanwalt aus Köln muss sich vor Gericht verantworten. Dem 70-Jährigen wird Rechtsbeugung vorgeworfen.
Schwere VorwürfeKölner Ex-Oberstaatsanwalt (70) jetzt selbst auf der Anklagebank

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Der ehemalige Oberstaatsanwalt (70) steht beim Prozessauftakt am Donnerstag (17. Februar 2022) im Kölner Landgericht neben seinem Verteidiger Jürgen Sauren.
Früher war er der Ankläger, jetzt ist er der Angeklagte: Ein ehemaliger Oberstaatsanwalt (70) der Kölner Staatsanwaltschaft sitzt im Kölner Landgericht auf der Anklagebank.
Seit Donnerstag (17. Februar 2022) muss sich der Oberstaatsanwalt a. D., der für Wirtschaftssachen zuständig war, verantworten. Dem 70-Jährigen wird Rechtsbeugung in vier Fällen von 2012 bis zu seinem Ruhestand Mitte 2016 vorgeworfen.
Prozess gegen Ex-Oberstaatsanwalt in Köln: Vorwurf der Rechtsbeugung
Der Angeklagte soll unter anderem einen Beschuldigten nicht weiter verfolgt haben, obwohl der bereits ein Teilgeständnis abgelegt hatte. Der Mann soll Putzfrauen, überwiegend aus Rumänien, illegal beschäftigt haben. Der Zoll hatte den Fall aufgedeckt.
In einem anderen Fall geht es um Betrug und üble Nachrede. Der damalige Oberstaatsanwalt soll das Verfahren nicht weiter betrieben haben – obwohl Verfahrensbeteiligte insgesamt 17-mal nachfragten.
Für Kölner Ex-Oberstaatsanwalt geht es auch um seine Pension
Die Vorwürfe träfen ihn ins Mark und seien falsch, ließ der Kölner Oberstaatsanwalt a. D. über seinen Verteidiger Jürgen Sauren zum Prozessauftakt erklären. Für den Angeklagten geht es um sehr viel. Im Falle einer Verurteilung droht dem 70-Jährigen nicht nur eine Haftstrafe, sondern auch die Aberkennung von Pensionsansprüchen.
Laut Anwalt Sauren sei das Verfahren gegen seinen Mandanten völlig überraschend eröffnet worden. Wie der Kölner Stadtanzeiger berichtet, hatte der Vorgänger des jetzigen Richters nach der Anklageerhebung darauf hingewiesen, dass er den Vorsatz beim ehemaligen Oberstaatsanwalt eher nicht sehe und die Vorgänge wohl eher aus Arbeitsüberlastung und krankheitsbedingter Überforderung heraus entstanden sind.
Anwalt Sauren: Pflichterfüllung und Kollegialität an erster Stelle
Vor Gericht legte Jürgen Sauren dar, dass sein Mandant dauerhaft ein Arbeitspensum vom 1,8-fachen einer Vollzeitbeschäftigung erfüllt habe. Dieser habe keine Überlastungsanzeigen abgegeben, weil diese zur Mehrbelastung von Kolleginnen und Kollegen geführt hätte.
„Seit Beginn seiner Tätigkeit als Staatsanwalt 1980 standen Pflichterfüllung, Kollegialität und die sachlich-gerechte Behandlung der Beschuldigten ohne Ansehen der Person für ihn an erster Stelle“, so Verteidiger Sauren. „Dass er nach über 36-jähriger Tätigkeit im Ruhestand gezwungen wird, ein Strafverfahren aus der Beschuldigtenperspektive erleben zu müssen, hat ihm vor Augen geführt, wie voreingenommen sich Strafverfolgung generieren kann.“
Aus Neutralitätsgründen hatte die Staatsanwaltschaft Aachen die Ermittlungen gegen den Kölner Oberstaatsanwalt geführt. Ein Urteil gegen den 70-Jährigen könnte bereits Mitte März fallen. (iri)