Kölner Barbier packt jetzt ausDas schmutzige Geheimnis der Billig-Friseure

Santos Subramaniam bedient einen Kunden im Barbershop Cologne

Santos Subramaniam leitet den Barbershop Cologne im Belgischen Viertel. An den Vorwürfen gegen seine Branche sei etwas Wahres dran, erzählt der Kölner.

Haarschnitt für 15 Euro? Klingt verlockend, doch dahinter verbirgt sich oft ein Sumpf aus Schwarzarbeit und Preisdumping. Ein Kölner Barbier packt jetzt aus und erhebt schwere Vorwürfe. Nun schaltet sich die Politik ein.

Überall sprießen sie wie Pilze aus dem Boden, nicht nur in Köln: Barbershops.

Doch der coole Anstrich hat tiefe Risse bekommen, zuletzt wegen Nachrichten über Hautpilzinfektionen in den Läden und vor allem: massive Schwarzarbeit. Das Image der Branche hat zuletzt extrem gelitten.

Und das völlig zu Recht, wie Santos Subramaniam, Inhaber des „Barbershop Cologne“ im Belgischen Viertel, gegenüber dem „Kölner Stadt Anzeiger“ zugibt.

Er kennt die Vorwürfe wie Preisdumping und sogar Geldwäsche. Sobald chemische Mittel in den Läden zum Einsatz kommen, etwa zum Färben, gelten die Barbiere als Friseure – und müssen sich an Regeln halten. Etwa gilt die Meisterpflicht: Ohne Ausnahmegenehmigung sind die Betriebe dazu verpflichtet, einen gelernten Meister als Eigner oder Leiter vorzuweisen.

„80 Prozent der Leute, die sich bei mir bewerben, wollen schwarz arbeiten“

Anders als im „Barbershop Cologne“, wo Subramaniam diesen Posten einnimmt, werden solche Vorgaben wohl auch mal umgangen, berichten einige Medien.

Jetzt packt der Kölner Barbier aus! Zwar gebe es keine statistischen Belege, die das Ausmaß der Verstöße belegen können und natürlich gebe es auch viele seriöse Geschäfte in Köln. Dennoch, sagt Santos Subramaniam, an den Vorwürfen sei etwas Wahres dran.

„80 Prozent der Leute, die sich bei mir bewerben, wollen schwarz arbeiten“, berichtet der 39-Jährige.

Ein Bewerber schlug ihm einen dreisten Deal vor: „Fifty-Fifty. Bei einem Umsatz von 400 Euro am Tag würde er 200 Euro kriegen und ich auch.“ Ein Betrugsmodell, bei dem Steuern und Sozialabgaben umgangen werden.

„Das ist nicht nur kriminell, das ist einfach dumm“, schimpft der Friseurmeister. Er versucht, die Leute von den Vorteilen einer ehrlichen Anstellung zu überzeugen – oft ohne Erfolg. Viele zögen es vor, schwarz zu arbeiten – und manche Inhaber und Inhaberinnen machten das Spiel mit. 

Schaufenster eines Barbershops, zu sehen ist eine Preisliste. Der Herrenhaarschnitt wird für 17 Euro gelistet, Schüler und Studierende zahlen 17 Euro.

Herrenhaarschnitte gibt es in Köln für unter 20 Euro. Doch niedrige Preise können ein Zeichen für Schwarzarbeit sein, warnt Mike Engels, Obermeister der Friseur- und Kosmetik-Innung Köln.

Mike Engels, Obermeister der Friseur- und Kosmetik-Innung Köln, wird ebenfalls deutlich: Die Billig-Preise in vielen Läden seien anders nicht zu erklären.

„Lockangebote in den Schaufenstern à la ‚Wir schneiden für 20 Euro‘ sind rechnerisch eine Lachnummer“, sagt Engels, der den Friseurladen an der Rennbahn in Weidenpesch mit elf Mitarbeitenden leitet.

Durch die Corona-Pandemie habe sich die Lage dramatisch verschlimmert, so Barbier Subramaniam. Viele hätten gemerkt, dass man auch ohne Anstellung gut verdienen kann – schwarz natürlich. Die Folge: Seriöse Betriebe verlieren Umsätze, müssen schließen, während immer mehr Ein-Personen-„Mikro-Salons“ aufmachen, die keine Steuern zahlen und nicht ausbilden, erklärt Engels. „Sie bringen dem Staat keine Steuern, diese Betriebe bilden nicht aus und tun nichts für die Branche.“

Und sie könnten die Dienstleistungen bis zu 75 Prozent billiger anbieten!

Doch damit soll jetzt Schluss sein! Die Politik will endlich durchgreifen, in ihrem Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD vorgenommen, dass das Friseurgewerbe in den Katalog der für Schwarzarbeit besonders anfälligen Branchen eingestuft werden soll. Das würde schärfere und flächendeckende Kontrollen durch den Zoll ermöglichen.

„Der Schritt ist längst überfällig“, sagt Subramaniam. Auch Innungs-Obermeister Engels meint: „Es wäre schön, die schwarzen Schafe dranzukriegen.“

Die beiden Friseure nehmen aber auch die Kundinnen und Kunden in die Pflicht. „Es ist eigentlich schon pervers, Qualität zu fordern, aber dafür nicht dementsprechend auch Preise zahlen zu wollen“, findet Engels. Subramaniam erklärt: „Es ist ein offenes Geheimnis. Sich für 15 Euro die Haare schneiden zu lassen – das kann nicht funktionieren. Dann förderst du Schwarzarbeit“. (red)