Schwangere (†28) und Baby totKölner Apothekerin vor Gericht: Sie schweigt, Polizist äußert sich

Die angeklagte Kölner Apothekerin im Gespräch mit ihrem Anwalt.

Die angeklagte Kölner Apothekerin am 15. Juni 2023 im Gespräch mit ihrem Anwalt.

Der Fall der toten Kölnerin (†28) und ihres ungeborenen Kindes – vier Jahre danach hat am Donnerstag der Prozess begonnen. Im Fokus: die angeklagte Apothekerin.

Der Fall wühlte Köln so sehr auf wie kaum ein anderer in den vergangenen Jahren: Eine schwangere Frau aus Köln trinkt am 17. September 2019 für einen ärztlichen Routinetest eine Glukosemischung – wenige Stunden später sind sowohl die 28-Jährige als auch ihr per Notkaiserschnitt geborenes Baby tot.

Am Donnerstag (15. Juni 2023) hat vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen die Mitarbeiterin der Kölner Heilig-Geist-Apotheke (in Longerich), aus der die Mischung stammte, begonnen.

Schwangere stirbt nach Glukose-Test in Köln: Prozess gegen Apothekerin

Die Vorwürfe gegen die mittlerweile 52-Jährige lauten fahrlässige Tötung und versuchter Mord. Fahrlässige Tötung, weil sie entgegen ihrer Sorgfaltspflicht beim Anmischen des Tests die Gefäße der Glukose und des Lidocainhydrochlorids (ein Betäubungsmittel) verwechselte. Dadurch soll sie verantwortlich sein für den Tod der 28-Jährigen und ihres Kindes sowie für die Vergiftung einer anderen Schwangeren, die allerdings überlebte.

Aber warum „nur“ versuchter Mord, wenn die Opfer tot sind? Die Antwort: Der Tatvorwurf bezieht sich auf das spätere Verhalten der Apothekerin. Die Anklage geht davon aus, dass ein Hinweis der Angeklagten an das behandelnde Krankenhaus den Tod von Mutter und Kind noch hätte verhindern können.

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Weil die Rettung aber nicht sicher behauptet werden kann, „hat sie Anklage wegen versuchten Mordes erhoben, obwohl die beiden Verstorbenen tatsächlich nicht überlebt haben“, hatte Gerichtssprecher Jan Orth bereits nach Anklageerhebung in 2020 erklärt.

Kölner Apothekerin äußert sich nicht – Anwalt mit Statement

Die Angeklagte selbst äußerte sich beim Prozessauftakt nicht persönlich. Ihr Anwalt erklärte in einem Statement: Die Apothekerin bedauere den Tod zutiefst. Die 52-Jährige sei aber nicht für den Tod von Mutter und Kind verantwortlich.

Die Vorwürfe seien „abwegig und unschlüssig“. Eine Verdeckung habe es zudem nicht gegeben.

Im Laufe des ersten Verhandlungstages wurde auch ein wichtiger Zeuge befragt. Der 28-jährige Kölner Polizist war 2019 bei der Durchsuchung der Apotheke im Einsatz und war bei der ersten Befragung der Apothekerin dabei.

„Sie wirkte sehr professionell, emotionslos und zeigte sich uneingeschränkt kooperativ“, so seine Wahrnehmung.

Von der Richterin auf das Arbeitsklima in der Apotheke angesprochen, antwortete der Beamte: Die 52-Jährige habe bei der Befragung gesagt, dass es bei 15 Frauen und einem Mann im Team schon mal „Zickenkrieg unter der Belegschaft“ geben würde. Eine Mitarbeiterin sei dabei besonders aufgefallen, weil sie anderen Kolleginnen Fehler vorgehalten habe.

Glukose-Prozess in Köln: 21 Verhandlungstage angesetzt, Urteil im September

Ein Glukosetoleranztest soll messen, wie gut der Körper eine größere Menge Zucker verarbeiten kann. Bei werdenden Müttern dient er als Test, ob möglicherweise eine Schwangerschaftsdiabetes vorliegt. Die 28-Jährige war nach Einnehmen des verunreinigten Tests (in einer Gynäkologie-Praxis) in Ohnmacht gefallen, später hatte sich ihr Zustand bis zum Tod rapide verschlechtert.

Insgesamt sind vor dem Kölner Landgericht 21 Hauptverhandlungstage vorgesehen, zahlreiche Zeuginnen und Zeugen sowie Sachverständige werden gehört. Das Urteil wird voraussichtlich am 29. September fallen. Für die Angeklagte gilt bis zu einer möglichen Verurteilung die Unschuldsvermutung. (mt/tw/dpa)