Heftiger FallKölner Richter scheitert mit Rücknahme von Skandal-Freispruch

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Der Kölner Amtsrichter Frank Altpeter führte die Verhandlung.

Köln – Der Kölner Amtsrichter Frank Altpeter ist mit seinem Plan gescheitert, einen nicht formgerecht verkündeten Freispruch in einem Verfahren um Entführung, Raub und Körperverletzung wieder zurückzunehmen. 

Köln: Richter beendete Fall mit „Akte zu, Affe tot“ 

Nach den Worten „Akte zu, Affe tot“ hatte Altpeter den umstrittenen Fall im Januar diesen Jahres beendet und dabei gegen mehrere Vorschriften der Strafprozessordnung verstoßen (hier lesen Sie mehr). Über das Verfahren musste nun das Kölner Oberlandesgericht entscheiden. 

Nach der Vernehmung des mutmaßlichen Tatopfers und eines unwilligen Zeugen, der nicht aussagen wollte und auch nicht weiter vernommen wurde, war Richter Altpeter der Meinung, den drei Angeklagten (24, 26, 29) die Taten nicht nachweisen zu können. 

Nach einem Blickkontakt mit dem Staatsanwalt beendete Altpeter das Verfahren dann ganz plötzlich ohne Plädoyers oder Beratung und sagte zu den Angeklagten: „Wir beerdigen das, gehen Sie nach Hause.“ 

Anwälte waren nach „Urteil“ völlig verdutzt 

Die verdutzten Anwälte fragte der Richter noch, ob sie es förmlich wollten. Die verneinten, woraufhin der Richter die Sitzung beendete. Der Freispruch wurde nicht verkündet, Urteilsgründe gab es keine.

„Ich dachte, die Frage mit der Förmlichkeit bezog sich darauf, ob wir plädieren sollen“, sagte Rechtsanwalt Andreas Schäfer, dessen Kanzlei Linten aus Essen die Angeklagten verteidigt hat, auf Anfrage. Er sei überrascht vom plötzlichen Prozessende gewesen.  

Kölner Staatsanwaltschaft wehrte sich gegen die Entscheidung  

Obwohl der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft das Vorgehen des Richters im Saal nicht moniert hatte, wehrte sich die Behörde mit Rechtsmitteln gegen die Entscheidung. Doch dann fiel dem Richter plötzlich ein, dass ein Urteil ja gar nicht gefallen sei, er wollte neu verhandeln (hier lesen Sie mehr). 

Damit zeigte sich die Staatsanwaltschaft wiederum nicht einverstanden; die Behörde bestand auf ein schriftliches Urteil, um dann formgerecht dagegen vorgehen zu können. Altpeter schickte die Akten daraufhin zum Oberlandesgericht mit der Bitte um Klärung des Sachverhalts. 

Köln: Mögliche Widersprüche im Protokoll 

Der 1. Strafsenat des OLG entschied: Es ist ein Urteil ergangen, wenn auch mit einer umgangssprachlichen Formulierung, somit sei das Verfahren in der ersten Instanz abgeschlossen.  

Hier lesen Sie mehr: Skandal-Urteil – Kölner Richter tritt Rechtssystem mit Füßen

Merkwürdig hierbei erscheint, dass im richterlichen Protokoll der damaligen Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht auftaucht, dass die übrigen Verfahrensbeteiligten übereinstimmend einen Freispruch beantragt hätten; dem war nicht so, schon gar nicht im Rahmen irgendwie gearteter Plädoyers. 

Richter zu Schöffen: „Erkennen, wenn ein Pferd tot ist“ 

Möglicherweise beruft sich der Richter auf zustimmende Blickkontakte, die er ausweislich des Protokolls auch von seinen Schöffen, die gleichberechtigt mit dem Richter das Urteil hätten fällen müssen, erhalten haben will, bevor er das Verfahren beendet hatte. 

Dagegen spricht allerdings die Tatsache, dass Altpeter den Laienrichtern erst hinterher sein Handeln erklärt hatte, mit den Worten: „Man muss erkennen, wenn ein Pferd tot ist.“

Vor einer Schulklasse, die den Prozess verfolgt hatte, brüstete sich Richter Altpeter am Ende noch, einen Verkehrsrichter zu kennen, der nur „Freispruch“ riefe, woraufhin der Fall erledigt sei. 

Präsident des Kölner Amtsgerichts mit dienstrechtlicher Prüfung 

Wie das Justizministerium mitgeteilt hatte, wird der Fall bereits dienstrechtlich durch den Präsidenten des Amtsgerichts geprüft. Auch von einer strafrechtlichen Überprüfung des Vorgangs durch die Staatsanwaltschaft ist auszugehen. 

Fest steht nun aber: Das Strafverfahren gegen die drei Beschuldigten wird bei Beibehaltung des Rechtsmittels neu verhandelt, vor einem anderen Richter. Legt die Staatsanwaltschaft Revision ein, dann startet der Fall gänzlich neu vor dem Amtsgericht, bei einer Berufung in zweiter Instanz vor dem Landgericht. 

Angeklagten drohen mehrjährige Haftstrafen 

Für die Angeklagten – Bauarbeiter, Auszubildender im Bereich Automechanik und Hartz IV-Empfänger – steht bei dem Verfahren viel auf dem Spiel.

Die Vorwürfe, ob zutreffend oder nicht, wiegen schwer, es drohen mehrjährige Haftstrafen. Das Trio soll einen Mann (26) nach einer Hochzeitsfeier in Niehl geschlagen, in ein Auto gezerrt, entführt und schließlich beraubt haben.