Durch Corona gefragt wie nieHarte Kritik an Missständen bei Kölner Lieferdiensten

Lieferando_Symbol

Lieferdienste wie „Lieferando” sind aktuell so gefragt wie nie. Das Foto wurde im März 2020 in Düsseldorf aufgenommen.

von Thomas Werner (tw)

Köln – Sie strampeln, damit bei anderen warmes Essen vor der Wohnungstür steht. Und durch Corona strampeln sie aktuell so schnell und viel wie selten zuvor: In Köln könnten sich die Arbeitsbedingungen von Essenskurieren, die im Auftrag von Firmen wie „Lieferando” und Co. Mahlzeiten per Fahrrad ausfahren, weiter verschlechtern.

Lieferdienste in Köln: Gewerkschaft kritisiert Arbeitsbedingungen

Das zumindest befürchtet die zuständige Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). „Wenn Restaurants geschlossen und Kontakte eingeschränkt sind, bleibt oft nur das Bestellen bei den Lieferdiensten. Der ohnehin schon stressige Job als Essenskurier könnte noch anstrengender werden“, sagt Manja Wiesner von der NGG-Region Köln.

Die aktuelle Lage beinhalte zwar auch eine geringere Auswahl für Kunden, da nicht alle Restaurants auch Lieferungen oder Essen „to go” anbieten. Umso mehr dürften die Anbieter jedoch auf Gaststätten setzen, die weiterhin „Essen to go“ anbieten, so Wiesner.

Lieferdienste in Köln: Fahrer müssen auf die Hygiene achten

Konkret geht es der Gewerkschaft um die Arbeitsbedingungen der Fahrerinnen und Fahrer bei der täglichen Arbeit. Wichtig sei es vor allem, auf die genaue Einhaltung der Hygiene-Standards zu achten. 

„Die Fahrer setzen sich gesundheitlichen Risiken aus. Die Anbieter müssen jetzt dafür sorgen, dass ausreichend Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel da sind. Die Essensübergabe sollte immer kontaktlos sein – genauso wie die Abholung im Restaurant.“

Lieferdienste in Köln: Fahrer dürfen Missstände nicht akzeptieren

Sollte es Missstände geben, sollten diese von den Fahrern nicht akzeptiert werden. Auch Aushilfen, die den Job nur kurzfristig übernehmen oder helfen wollen, müssten nicht alles hinnehmen. „Gegen die magere Bezahlung und den Stress beim Ausliefern helfen langfristig nur der Betriebsrat und die Gewerkschaft“, so Wiesner.

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Allerdings versuchten viele Lieferdienste, den Arbeitnehmervertretungen Steine in den Weg zu legen. „Der Getränke-Lieferdienst Flaschenpost etwa wollte in Nordrhein-Westfalen die Wahl von Betriebsräten verhindern. Doch die Beschäftigten haben sich zusammen mit der Gewerkschaft durchgesetzt. Flaschenpost scheiterte vor Gericht“, berichtet Wiesner.

Lieferdienste in Köln: Arbeitsbedingungen ständiges Thema

Kritik an den Arbeitsbedingungen von Lieferdienst-Fahrern wird regelmäßig laut. Auch in der Corona-Zeit ist das Thema präsent. Auf der Plattform „kununu.com”, auf dem Arbeitnehmer ihre (Ex-)Firmen bewerten können, hat sich ein ehemaliger „Lieferando”-Fahrer Luft gemacht: „Lieferando sollte funktionierende Desinfektionsmittel, Schutzausrüstung stellen und Reinigung des Equipments bezahlen, tut es aber nicht”, schreibt er dort anonym.

Auch die medial verbreitete „kontaktlose Lieferung” sei keine. „Kunden fassen den Rucksack des Fahrers an, Gastronomen haben oft keine Handschuhe, geschweige denn Atemschutz und die Fahrer sollen ihr Equipment zwar nach jeder Schicht reinigen, dies aber unbezahlt in der Freizeit.”