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Ende einer ÄraBetreiber prägte seit 1999 das Veedel: Kölner Kult-Tanke wird abgerissen

Die freie Tankstelle an der Rochusstraße in Köln-Ossendorf.

Die Kult-Tankstelle in Köln-Ossendorf an der Rochusstraße macht zu. EXPRESS.de hat mit Besitzer Resa Ghadiri und seiner Mitarbeiterin Frau Benz über die letzten knapp 25 Jahre gesprochen.

Für viele Menschen war die freie Tankstelle an der Rochusstraße in Köln-Ossendorf ein Treffpunkt, ein zentraler Ort im Veedel. Nun schließt die Kult-Tanke. EXPRESS.de hat mit Besitzer Resa Ghadiri zurückgeschaut.

von Niklas Brühl (nb)

So gut wie jede und jeder in Ossendorf kennt sie – sie war eine Institution und diente vielen Menschen aufgrund des familiären Umfelds sogar als Treffpunkt im Veedel.

Umso schmerzlicher sind die Zettel für die Kundinnen und Kunden der SB-Tankstelle von Resa Ghadiri an der Rochusstraße, die seit einigen Tagen an den Tanksäulen hängen.

Auf kölscher Sprache steht dort sinngemäß geschrieben: „Jetzt ist es so weit, am 29. Juni 2023 mache ich für immer Feierabend. Ich danke euch für all die schönen Jahre. Ich werde euch von Herzen vermissen.“ In Köln-Ossendorf endet damit eine Ära.

Mit EXPRESS.de hat Tankstellenbesitzer Resa Ghadiri (71) auf die vergangenen fast 25 Jahre zurückgeschaut. Auf all die schönen Geschichten, auf allerlei Kurioses – und verraten, worauf er sich nun im Ruhestand besonders freut.

Köln: Freie Tankstelle in Ossendorf schließt Ende Juni

Resa Ghadiri kam mit 20 Jahren aus dem Iran nach Deutschland. Er studierte Fahrzeugtechnik, doch früh wurde ihm klar: „Ich will nicht irgendwo im Büro sitzen. Ich wollte mein eigener Chef sein und der Kontakt mit den Kundinnen und Kunden war mir all die Jahre wichtig.“

Zunächst übernahm er eine Tankstelle in Worringen, 1999 pachtete er dann von Shell das Grundstück und die Tankstelle an der Rochusstraße in Ossendorf. Dort blieb er bis heute – am 29. Juni 2023 ist jedoch endgültig Schluss. Die urige Tankstelle wurde in den 1960er Jahren erbaut, Ghadiri bot seinen Kundinnen und Kunden nicht nur die Möglichkeit, ihre Fahrzeuge vollzutanken, sondern schraubte bei kleineren und größeren Problemen auch an den Fahrzeugen herum.

Jetzt wird der Pachtvertrag allerdings nicht mehr verlängert. Eine neue Pächterin oder einen neuen Pächter wird es nicht geben, die Kult-Tanke wird abgerissen.

Kult-Tankstelle in Köln war zeitweise auch ein Hühnerstall

Für die Menschen im Veedel war die freie Tankstelle aber viel mehr als der simple Ort zum Tanken. Es wurde über die neuesten Gerüchte im Stadtteil geplauscht, über Hochzeiten, Scheidungen oder Kinderzuwächse in der Nachbarschaft geurteilt, zusammen geweint, zusammen gelacht. Resa Ghadiri und seine Tankstelle waren eine Institution in Ossendorf und dienten praktisch als „Schwarzes Brett des Veedels“.

„Viele Kundinnen und Kunden kommen jetzt täglich zu mir und sagen, wie traurig sie es finden, dass es uns hier bald nicht mehr geben wird. Da merkt man dann natürlich schon, dass man in den vergangenen fast 25 Jahren dann doch einiges richtig gemacht hat“, sagt Besitzer Ghadiri gegenüber EXPRESS.de.

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In der langen Zeit habe es in der Veedels-Tanke auch allerlei kuriose Storys gegeben, wie der 71-Jährige ausführt. So habe seine Tankstelle beispielsweise eine Zeit lang als Heimat eines Hahns und zwei Hühner fungiert. „Der Hahn war uns zugelaufen und wollte dann auch gar nicht mehr weg. Irgendwann kam dann ein Kunde mit zwei Hühnern vorbei. Die drei Tiere haben dann knapp für ein Jahr hier an der Tankstelle gelebt. Ältere Damen haben Salat für sie vorbeigebracht, Kinder aus der Nachbarschaft die Eier eingesammelt. Das sind so Geschichten, die man nicht vergisst.“

Eine weitere verrückte Story: Wenn Kundinnen und Kunden mal kein Geld dabei gehabt hatten, hätten sie Resa Ghadiri verschiedenste Gegenstände als Pfand dagelassen. „Beispielsweise besaß ich dann irgendwann zwei Nokia-Handys, als diese noch ganz neu waren. Oder eine Digitalkamera. Oder Münzen, die laut des Kunden sehr wertvoll waren, sie sich im Endeffekt aber als wertlose DDR-Gedenkmünzen herausstellten. All diese Dinge wurden nie wieder abgeholt“, erzählt Tankstellen-Besitzer Ghadiri mit einem breiten Lächeln im Gesicht.

Mitarbeiterin schreibt Buch über Geschichten in Kölner Tankstelle

Frau Benz arbeitet seit sieben Jahren in der Tankstelle, steht hinter der Kasse und unterstützt ihren Chef so gut es geht. Über die kuriosen Geschichten, die sich so in der Veedels-Tankstelle abgespielt haben, schreibe sie derzeit sogar ein Buch, wie sie EXPRESS.de sagt: „Diese Storys kann man einfach nicht in Vergessenheit geraten lassen. Egal ob sie herzerwärmend, verrückt oder traurig waren. Erscheinen wird das Buch nicht, ich schreibe es für den privaten Gebrauch.“ 30 Seiten habe sie bereits zusammen.

Dass das Veedel die freie Tankstelle vermissen wird, davon gehe sie aus: „Hier ist ein Netzwerk entstanden, die Leute sprechen, ähnlich wie in ihrem Friseursalon, über Gott und die Welt. Wir wissen wahrscheinlich mehr über die Familienverhältnisse einiger Menschen Bescheid, als die Familien selbst.“

Ihren Chef beschreibt sie so: „Resa ist ein herzensguter Mensch. Er hat allerdings einen Sprachfehler – er kann nicht ‚nein‘ sagen. Er konnte seinen Kundinnen und Kunden nie einen Wunsch abschlagen. Ich freue mich trotz der Wehmut sehr, dass er jetzt etwas zur Ruhe kommen kann.“

Resa Ghadiri hat in den vergangenen fast 25 Jahren so gut wie nie Urlaub gemacht, war sieben Tage in der Woche in seiner Tankstelle für die Menschen in Ossendorf da. „Auf der einen Seite bin ich natürlich schon traurig, dass es jetzt endet“, sagt der 71-Jährige, „auf der anderen Seite habe ich meine Familie und mein Bekanntenkreis in den ganzen Jahren aber auch sehr vernachlässigen müssen.“

Nach dem 29. Juni 2023 habe er nun Zeit für viele andere Sachen. „Ja, für all das, was ich verpasst habe. Ich möchte reisen, die Welt sehen. Ich möchte mit meiner Familie ins Kino gehen, wenn es mir passt. Ich bin dann frei, das ist irgendwo auch ein schönes Gefühl.“ Außerdem freue er sich auf die Zeit mit seinem Enkelsohn, der am Anfang des Jahres geboren wurde.

In Köln-Ossendorf endet mit der Schließung der freien Tankstelle an der Rochusstraße eine Ära – für Besitzer Resa Ghadiri beginnt nun aber auch eine neue.