Frauen in Führungspositionen in der Bau-Branche? Für viele heutzutage immer noch unvorstellbar, in einem Kölner Unternehmen längst Realität. Wie schwer es Frauen wirklich in einem derart Männer-dominierten Bereich haben, erzählt Isabelle Veser gegenüber EXPRESS.de.
„Viele trauen sich nicht“Ein Job, den keine Frau machen will? Kölnerin (26) zeigt Männern, wo es lang geht

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Die Kölnerin Isabelle Veser ist eine von wenigen Frauen, die in der Bau-Branche arbeiten.
Viele Vorurteile, wenige Vorbilder. Es gibt kaum Jobs mit einem so geringen Frauenanteil, wie in der Bau-Branche. Ein Unternehmen in Köln schwimmt gegen den Strom. Hier setzt sich die junge Isabelle Veser (26) dafür ein, Frauen zu motivieren, den vielen Männern die Stirn zu bieten. Im Gespräch mit EXPRESS.de berichtet sie von ihren Erfahrungen in einem Männer-dominierten Berufszweig.
Da staunen die Arbeiter auf der Baustelle nicht schlecht, wenn sie plötzlich gesagt bekommen, was zu tun ist – und das von einer Frau. Was in den meisten Berufen glücklicherweise zumeist keine Besonderheit mehr ist, kommt im Bau-Gewerbe nur in absoluten Ausnahmefällen vor. Hier dominieren die Männer. Zumindest, wenn die Familie Veser nicht ihre Finger im Spiel hat.
Kölnerin gibt Anweisungen auf der Baustelle: Wie reagieren die Männer?
Denn das Bauträger-Unternehmen Veser Real Estate in Köln wird von zwei Frauen geführt: Die Geschäftsführerin Anastasia Veser gründete es vor über 15 Jahren und hat seitdem die Zügel fest in der Hand. Unterstützt wird sie dabei von ihrer Tochter Isabelle, die selbst in Zukunft einmal in diese Rolle schlüpfen soll.
„Wir kaufen Grundstücke auf, beauftragen Firmen für den Hausbau und vermarkten die fertigen Immobilien dann weiter“, erklärt Isabelle Veser gegenüber EXPRESS.de. Ihre Aufgabe als Assistentin sei es dabei, vor allem die Grundstücke zu besichtigen. Doch auch auf den Baustellen hält sie sich auf – und gibt hier den Ton an.
„Die Handwerker geraten öfters mal aneinander und da muss ich als Frau dann schlichten“, berichtet die 26-Jährige, die dafür zu sorgen hat, dass beim Bau alles nach Plan verläuft und die Abläufe entsprechend koordinieren muss. Die Reaktionen der Männer darauf?
„Unterschiedlich“, so Isabelle Veser, die ergänzt: „Die Mehrheit reagiert positiv auf mich und meine Mutter. Die meisten sind sehr respektvoll. Einige glauben aber auch erst gar nicht, dass meine Mutter die Bauträgerin ist und sind dann überrascht.“ Dass die Arbeiter sie diskriminieren würden, weil sie Frauen sind, käme aber nicht vor. Anders sei das leider bei den Maklern – und auch Maklerinnen.
Köln: Isabelle Veser möchte Frauen für die Bau-Branche begeistern
Hier waren es gelegentlich sowohl Männer als auch Frauen, „die unsere Autorität nicht richtig anerkennen wollten“, erzählt die Kölnerin. „Wichtig ist es dann, cool zu bleiben und sich durchzusetzen“, sagt sie weiter und fügt an: „Man muss seriös bleiben. Letztlich geht es darum, ein Geschäft abzuschließen.“
Die Einstellung einer zukünftigen Geschäftsführerin? Das ist zumindest der Plan – wenn auch erst in etwa zehn Jahren, wie Isabelle Veser bekundet. Dabei war dieser Weg lange gar nicht absehbar. Erst kürzlich schloss die angehende Unternehmerin ihren Master in Philosophie ab, arbeitet nebenbei als Songwriterin und probierte sich vorher auch als Journalistin. „Dann habe ich aber gemerkt, dass mir das, was meine Mutter macht, am meisten Spaß macht.“
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Für Isabelle Veser der Beweis, dass es nicht zwingend ein entsprechendes Studium braucht, um in der Bau-Branche tätig zu werden. „Viele haben falsche Vorstellungen von der Branche und denken vielleicht auch, sie haben nicht das nötige Knowhow“, möchte sie dazu motivieren, gegen die weibliche Unterrepräsentation anzusteuern.
„Viele Frauen trauen sich nicht“, ist sich die Kölnerin sicher und dankt vor allem ihrer Mutter, die ihr sehr viel vorgelebt und gezeigt hat, „wie man sich richtig durchsetzen kann“. Ihr Appell an alle Frauen: den Mut zu haben, „auch in Männer-dominierten Branchen unterwegs zu sein“. (gr)