Hunger! Wo ist Kim?Kölns Kult-Chinese am Dom nach 24 Jahren dicht

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Die Türen sind dicht, das Schild und der nostalgische Bonbon-Automat hängen noch.

Köln – Wo ist Kim? Das fragen sich Passanten, die mit knurrendem Magen am Dom in die Gasse „Unter Goldschmied“ abbiegen, um hier für kleines Geld ihren Heißhunger auf deftige China-Küche zu stillen.

Dann stehen sie da vor dem Laden, der im Schatten der Tiefgarage immer heruntergekommen, aber immer lebendig aussah, und blicken auf eine tote, verrammelte Ecke.

Enttäuschung und Sehnsucht kommt auf, der Appetit vergeht kurz – und man fragt sich noch einmal: Wo ist Kim?

Kim hatte viele Stammkunden

Viele Kölnerinnen und Kölner sind mit Kim aufgewachsen, ganze, ja satte 24 Jahre lang fütterte sie Hundertausende durch. Ein Großteil der Kundschaft kam vom WDR, den Büros rund um Dom und Rathaus oder von den nie endenden Baustellen in der Altstadt.

Viele andere fuhren mittags extra einen Schlenker in die City, um sich hier Bratreis mit Gemüse oder die berühmte Nummer 59, Nudeln mit Hühnerfleisch reinzuschaufeln.

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Die EXPRESS-Gastro-Kritik von Sommer 2016.

Ganz nette, fußläufig erreichbare Nachbarn, die keine Zeit oder keine Kraft hatten, sich in der oft nie abreißenden Warteschlange anzustellen, bekamen von freundlichen Mitarbeiterinnen die Bestellungen nach Hause geliefert.

Kölns kleinstes Wok-Lokal

So mauserte sich „Kim’s China-Imbiss“, mit nur 12 Quadratmetern Kölns wohl kleinster Chinese, zum größten Geheimtipp für Asia-Fans. Eine Kultbude, erwachsen aus einem ehemaligen Kassenhäuschen der Tiefgarage nebenan.

Am Fenster, wo früher Parkscheine gegen D-Mark und Groschen wechselten, wurde jahrzehntelang ein Eimer mit frischem Gemüse abgeseilt, durchgereicht und eingeholt – die Zubereitungsküche befand sich aus Platzgründen im ersten Stockwerk über dem Lokal!

Bin beim „Eimer-Chinesen“

Gastro-Kritiker schwärmten deshalb vom „Eimer-Chinesen“. Andere Gäste, die sonst gerne mal Sterneküche genießen, schrieben über Kim:

„Ich kenne kaum einen Platz, der so skurril ist – und das Essen ist so gut wie die Atmosphäre.“

Bleibt immer noch die Frage: Wo ist Kim? Und wer war eigentlich Kim?

EXPRESS-Recherchen ergeben: Kim war gar kein Chinese! Kim war auch kein Mann. Kim war die Tochter der Inhaberin Thi Hoa Dang. Und die kam aus Vietnam: 1991 wanderte Dang in Deutschland ein und landete in Köln. 1994 eröffnete sie den Imbiss und ließ den Wok kreisen. Bis Ende 2017.

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Inhaberin Thi Hoa Dang hatte 24 Jahre in ihrem Mini-Imbiss gut zu tun.

Als bekannt wurde, dass ein Investor das gesamte „Laurenz Carré“ zwischen den Straßen Am Hof und Unter Goldschmied gekauft hat und komplett neu gestalten will, machte die inzwischen 63-Jährige, wie man von Stammkunden aus der Nachbarschaft hört, mit ihrem Mann den Abflug – zurück nach Vietnam.

So endet die Ära Kim in Köln. Was bleibt, sind ein paar schöne Erinnerungen – und der immer wiederkehrende Appetit auf leckeres China-Essen...

(exfo)