„Kollegen tragen mich“Nach schwerem Schlaganfall: Kölner Sänger kämpft auf der Bühne mit den Folgen

Daniel „Dän“ Dickopf hält ein Mikrofon in der Hand.

Daniel „Dän“ Dickopf, Gründer der Alten Bekannten, kämpft mit den Folgen seines Schlaganfalls. Hier ist er bei der Vorstellung des neuen Albums am 11. August 2023 zu sehen.

Die Band Alte Bekannte hat im Alten Pfandhaus eine emotionale Vorstellung ihres neuen Albums „Stabil“ gefeiert. Emotional wurde es dann auch im Gespräch mit Band-Gründer Daniel „Dän“ Dickopf, der mit den Folgen seines Schlaganfalls kämpft. 

von Daniela Decker (dd)

Das erste Mal in der Bandgeschichte der Alten Bekannten, feierten Daniel „Dän“ Dickopf, Clemens Schmuck, Björn Sterzenbach und Ingo Wolfgarten, die Veröffentlichung eines neuen Albums, mit einem besonderen Konzert vor 230 Leute im Alten Pfandhaus (11. August).

Grund dafür: „Nach den ganzen Schwierigkeiten und Rückschlägen der vergangen drei Jahre, hatten wir uns so einen Abend einfach verdient“, ist sich die Band einig. „Stabil“ ist das mittlerweile vierte Studioalbum und mit 17 Titeln auch das bisher längste. Zu hören gibt es 14 brandneue Songs plus „Nicht in meinem Namen“ von und mit Bodo Wartke, eine Live-Version von „Solang’ ich noch was fühle“ gemeinsam mit dem Psycho-Chor Jena und „Deutsche Bahn total“ mit zwölf Strophen.

Kölner Band: Neues Album überzeugt mit Witz, Charme und einer Portion Scharfzüngigkeit

„Stabil“ steht nicht nur für vielfältige Songs, sondern für eine überzeugende musikalische und textliche Bandbreite. Mal nehmen sich die Herren mit „Echte Männer hassen A-Capella“ selber auf die Schippe, bevor sie mit „Ja, natürlich“ oder „Die armen weißen Männer“ den Umgang der Gesellschaft mit der Klima-Krise auf sarkastische Weise thematisieren.

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Für Gänsehaut sorgt die tieftraurige Ballade „Wer braucht schon“. Schon fast karnevalistisch wird es beim Song „Wenn das die Lösung ist – dann will ich mein Problem zurück“.

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Was beim Hören des Albums und bei der Live-Präsentation auffällt: Dän Dickopf (52), einst Gründer der Wise Guys und Gründer der Alten Bekannten (2017), überlässt weitgehend die Soloparts seinen Kollegen.

Grund dafür: Im Dezember 2021 erlitt Dickopf einen Schlaganfall, wodurch er unter anderem immer noch große Stimmprobleme hat. Dennoch ist er mit zwei überzeugenden Solotiteln („Nimm es nicht persönlich – Du bist ein Arschloch“ und „Wer braucht denn schon“) auf dem Album zu hören.

Im EXPRESS-Gespräch berichtet der Kölner Musiker über die schwierige Zeit und die Probleme, die sein Leben verändert haben.

Daniel „Dän“ Dickopf kämpfte sich nach Schlaganfall zurück ins Leben

Eigentlich war nach der zweijährigen Pandemie-Zwangspause für März 2023 der Tourstart der Alten Bekannten geplant. Doch anstatt auf der Bühne zu stehen, kämpfte Dän Dickopf gegen die Folgen seines Schlaganfalls.

„Ich war zu Hause und plötzlich hatte ich ein Gefühl als würde ich wegtreten. Es war wie früher, wenn ich beim Fußball einen Ball ins Gesicht bekommen habe. Ich dachte mir nicht viel dabei und schob es auf eine kleine Kreislaufschwäche. Zum Glück hat meine Partnerin sofort reagiert und den Notarzt gerufen. Der hat mich ein paar Sätze sprechen lassen und die Arme bei geschlossenen Augen heben lassen, wobei der linke Arm sofort absackte. Da war klar, ich hatte einen Schlaganfall.“

Die Mitglieder der Alten Bekannten singen in Mikros, das Publikum hört zu.

Mit jeder Menge Emotionen präsentierten die Alten Bekannten am 11. August 2023 ihr neues Album „Stabil“ im Alten Pfandhaus in Köln. 

Mit Blaulicht ging es von Klettenberg in die Uniklinik. Bei der Fahrt wurde dem Sänger langsam bewusst, dass es ernst war: „Im Krankenwagen überkam mich zum ersten Mal die Angst. Diese steigerte sich kurz vor der Narkose (der Thrombus wurde operativ zerstört) zur Todesangst, denn ich hatte den Anästhesisten gefragt, ob wir uns nachher wiedersehen. Ich hatte auf eine Antwort wie auf jeden Fall gehofft, aber er sagte nur ´davon gehe ich aus´. Mein erster Impuls war, meine Söhne noch einmal anzurufen, um ihnen zu sagen, wie sehr ich sie liebe“, gesteht Diekopf sichtlich berührt.

Nach sechs Wochen Aufenthalt in der Uniklinik ging es in die Reha. „Zu diesem Zeitpunkt saß ich zwar noch im Rollstuhl, doch ich dachte mir, mit der Zeit werde ich wieder der Alte. Erst während der Reha wurde mir langsam bewusst, was dieser schwere Schlaganfall für Auswirkungen auf mein weiteres Leben hat.“

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Ein Schlaganfall kann verschiedenste Ausfälle verursachen, wie zum Beispiel der Verlust geistiger und kognitiver Fähigkeiten. „Da ich unbedingt wissen wollte, ob ich es noch kann, habe ich in der Reha bereits einen Song geschrieben. Geistig ist alles da, aber die linke Körperhälfte ist schon sehr stark beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass mir Energie fehlt. Meine Kollegen fangen das super auf und sind sehr verständnisvoll. Sie tragen mich mit und das ist ein großartiges Gefühl für mich.“

Auf die Frage, was er anderen Menschen mit dem gleichen Schicksal raten würde, wird der Sänger nachdenklich. „Ich würde ihnen raten, was mir selber total schwerfällt: Geduld mit sich selber. Monatelang habe ich mich gefragt, wann ich wieder der Alte sein werde. Erst als ein Neurologe mir knallhart sagte, dass das nie wieder der Fall sein wird, fing ich an umzudenken und akzeptierte, dass ich nicht mehr die gleiche Leistung wie vorher bringen kann, aber noch am Leben bin.“