Scharfe KritikAmtsleiter: „In Köln wird immer schlechter gebaut!“

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Der Bauherr des Hauses Venloer Straße 266 hatte im Juli 2015 mit großformatigen Umbauarbeiten begonnen – ohne je einen Bauantrag gestellt zu haben. Die Baustelle wurde stillgelegt, der Bauherr aufgefordert, den denkmalgerechten Zustand des Hauses wieder herzustellen.
Köln – Am Kümpchenshof 7 war ein Bauarbeiter am Montag von herabstürzenden Betonteilen erschlagen worden (EXPRESS berichtete). Die Stadt Köln ließ die Baustelle daraufhin stilllegen.
Rainer Straub, seit 1. März neuer Chef des Bauaufsichtsamtes, übt scharfe Kritik: „Nach meinem Eindruck wird in Köln immer schlechter gebaut.“
98 Prozent nicht genehmigt
Mitarbeiter seines Amtes hatten festgestellt, dass 98 Prozent dessen, was Am Kümpchenshof 7 an Baumaßnahmen erfolgt war, nicht von der Baugenehmigung gedeckt war.
„Es gab weder eine Baubeginnanzeige, noch einen Statiknachweis“, erklärt Straub. Laut Baugenehmigung habe der Bauherr eine Wand entfernen dürfen – das Haus wurde aber komplett entkernt. „Viele Bauherren machen einfach, was sie wollen“, so Straub.
Das gehe los beim Aushub von Baugruben und Abgrabungen von Nachbargrundstücken, so Straub.
Ähnliches sei im September 2015 an der Nikolausstraße in Sülz passiert. Ein Bauherr hatte zu tief ausgeschachtet, in den Nachbarhäusern rechts und links der Baugrube bildeten sich tiefe Risse, sie mussten evakuiert werden.
„Der Bauherr hat sich schlicht an nichts gehalten“, sagte damals Straubs Vorgängerin Angela Thiemann. „Die schlechte Qualität des Bauens rührt meines Erachtens auch daher, dass immer häufiger ungelernte Hilfsarbeiter auf den Baustellen rumturnen“, so Straub. „Natürlich, weil sie billiger sind als Fachkräfte.“
Straub will Konsequenzen ziehen
Auch die Landesbauordnung mache es Bauherren leicht, weil bei kleineren Bauvorhaben – und dazu zählen auch größere Mehrfamilienhäuser – keine Fertigstellungsabnahme notwendig ist.
6000 Bauanträge hat Straubs Amt 2016 bearbeitet und 4826 Genehmigungen erteilt. 68 Baustellen wurden stillgelegt.
Der Chef des Bauaufsichtsamtes will Konsequenzen ziehen: „Es ist eine viel stärkere Kontrolle der Baustellen nötig – und die werden wir auch durchführen. Am Ende geht es immer um Menschenleben.“