Bewährung?Anwalt will Kölner Totraser raushauen – mit Schlupfloch im neuen Gesetz

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Sebastian Schölzel vertritt Firat M., einen der Totraser vom Auenweg.
Köln – Knast oder Bewährung? Die mit Spannung erwartete Neuauflage des Auenweg-Prozesses wirft ihre Schatten voraus. Der Anwalt eines der Angeklagten offenbart dem EXPRESS seine Verteidigungs-Strategie: Sebastian Schölzel will ein Schlupfloch im neuen härteren Straßenrennen-Gesetz nutzen – so die Totraser vor dem Gefängnis bewahren.
Empörung über mildes Urteil
Es war ein Aufschrei durch die Bevölkerung gegangen, als Erkan F. (24) und Firat M. (23) vorm Landgericht Köln milde Bewährungsstrafen erhalten hatten – die beiden Freunde hatten sich im April 2015 mit BMW und Mercedes ein spontanes Rennen auf dem Auenweg geliefert. Der BMW flog aus der Kurve, erfasste eine Radfahrerin. Die Kölner Studentin Miriam S. (19) starb.
Den Urteilsspruch aus dem April 2017 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) kassiert. Das Rechtsempfinden der Bevölkerung, die sogenannte „Verteidigung der Rechtsordnung“, hätten die Kölner Richter außer Acht gelassen.
Grob verkehrswidrig verhalten
Die Angeklagten hätten sich grob verkehrswidrig verhalten, durch ihre aggressive Fahrweise bewusst eine Gefahrenlage herbeigeführt. „Dieser Umstand prägte die Tat und durfte bei der Bewährungsentscheidung nicht außer Acht bleiben“, so der BGH. Es sei daher der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, dass es noch Bewährung gebe.
Die Vorgabe der obersten Richter für die Neuauflage des Prozesses vorm Landgericht schien also klar – doch noch Knast für beide Angeklagten. Hätte der Bundestag, auch nach den Vorfällen in Berlin (siehe Bericht unten) nicht zwischenzeitlich ein neues Raser-Gesetz erlassen. Das ist dem Grunde nach zwar deutlich härter – Straßenrennen werden hier als eigener Straftatbestand geführt.
Anwalt Schölzel sieht Schlupfloch im Gesetz
Aber, sagt Sebastian Schölzel, Verteidiger von Firat M.: „Selbst nach der Verschärfung des Gesetzes ist in Fällen vorsätzlicher Straßenrennen mit tödlichen Folgen eine positive Bewährungsentscheidung möglich.“ Tatsächlich liegt die Mindeststrafe im neuen Gesetz (Paragraf 315d Strafgesetzbuch) bei einem Jahr Haft.
Und dieses Strafmaß kann grundsätzlich zur Bewährung ausgesetzt werden – bei einer günstigen Sozialprognose. Die sieht Schölzel zumindest bei seinem Mandanten als gegeben. Firat M. sei familiär eingebunden, habe einen Job, bereue die Tat – er sei nachgereift, schließlich liege der Unfall nun schon knapp drei Jahre zurück. Nun liegt die endgültige Entscheidung beim Landgericht Köln – ab 12. März wird verhandelt.
(exfo)