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Grundschüler traurigKölner Erzieher fordert Mindestlohn – jetzt ist er seinen Job los

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Schüler einer Offenen Ganztagsgrundschule in Köln beim Mittagessen. Das Bild entstand 2005.

Köln – Köln und seine Offenen Ganztagsschulen (OGS). Rund 30.000 Kinder nutzen das Angebot, nach der Grundschule noch bis zum Nachmittag betreut zu lernen, Hausaufgaben, Spiele oder Projekte zu machen.

„Die OGS dient der Verknüpfung von Schul-, Sozial und Freizeitpädagogik“, heißt es im Kölner Bildungsportal. Die Bildungsqualität werde nachhaltig verbessert, die Kinder würden individuell gefördert.

Viele berufstätige Eltern sind froh, wenn ihr Kind in einer der rund 150 Ganztagsschulen einen Platz bekommt – und sie zahlen pro Monat (je nach Einkommen) bis zu 180 Euro dafür an die Stadt Köln, hinzu kommt ein Essensgeld.

Kurz gesagt: Ein richtig wichtiger Job, den die OGS-Betreuer da machen. Der, wie so viele Branchen im sozialen und pädagogischen Bereich, sicher nicht üppig bezahlt wird. Aber zumindest anständig. So glaubt man. Oder?

Der Fall von Daniel Braumüller (26) sorgt für Zweifel. Der Kölner arbeitete beim in NRW bekannten Träger „Rapunzel Kinderhaus e.V.“.

Vor 25 Jahren in Kerpen gegründet, bietet der gemeinnützige Verein (Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband) OGS-Angebote in Bergheim, Brühl, Duisburg, Erftstadt, Frechen, Hürth, Wesseling und Köln an. Rapunzel betreut auch acht Schulen in Köln, darunter 300 Kinder der Brüder-Grimm-Grundschule in Sürth.

Hier arbeitete Daniel Braumüller neben seinem Studium (Soziale Arbeit, 4. Semester) seit einem Jahr, an zwei Tagen die Woche: „Zu sehen, wie mein Handeln einen positiven Einfluss auf den Lebensabschnitt der Kinder hat, ist die größte Motivation. Das reicht von der Arbeit mit Gruppen bis zur Einzelbetreuung.“

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Pädagoge Daniel Braumüller aus Köln-Sürth.

Der 26-Jährige half nach der Schule bei der Essensausgabe und den Hausaufgaben, vertrat Fachkräfte in anderen Gruppen, begeisterte die Kinder für neue Projekte, spielte mit ihnen Football, war eine wichtige Vertrauensperson.

Kinder, die früher Probleme hatten und machten, brachte er mit seinem Engagement wieder in die Spur. Doch diese Nachricht war jetzt für viele seiner Schützlinge ein kleiner Schock: Ihr Pädagoge wurde entlassen, sein Vertrag wurde nicht verlängert.

Der Anlass: Braumüller stellte fest, dass sein eh schon kleiner Lohn auf Stunden gerechnet so gering war, dass er seiner Rechnung nach unter dem gesetzlichen Mindestlohn von 9,35 Euro lag.

Mindestlohn in Köln: Junger Erzieher fühlt sich ausgebeutet

In der Tat verdiente Braumüller 270 Euro im Monat. Wobei sein eigentliches Gehalt nur 70 Euro brutto betrug und 200 Euro als „Aufwandsentschädigung“ gezahlt wurden. Arbeitsvertrag und Gehaltsabrechnung liegen EXPRESS vor.

„Runtergerechnet verdiente ich also nur 8,80 Euro brutto“, so Braumüller. „Ich lag also jede Stunde 55 Cent unter dem gesetzlichen Mindestlohn.“

Da der 26-Jährige als Altersvorsorge und aus Solidarität Rentenbeiträge leisten wollte, zahlte er monatlich 22 Euro in die Kasse ein. Und das setzte seinen Stundenlohn nochmal runter - auf 7,75 Euro. Heißt also ...

  • Der junge Kölner kümmert sich rund acht Stunden pro Woche teilweise alleine um einen Haufen Kinder.
  • Die Eltern der Grundschüler können so in Ruhe arbeiten und Geld verdienen.
  • Rapunzel freut sich über gute Einnahmen aus den städtischen Pflichtbeiträgen.
  • Und der angehende Erzieher? Er kriegt nur etwas mehr als 50 Euro pro Woche ...

Jetzt reicht's – sagte sich Braumüller und forderte von der Geschäftsführung zumindest den Differenzbetrag zu dem aus seiner Sicht nicht gezahlten Mindestlohn: 180 Euro.

„Der Betrag wurde mir dann überwiesen – und dafür wurde mein Vertrag nicht verlängert“, sagt er enttäuscht. „Ich war raus. Meine Enttäuschung war und ist natürlich riesig.“ Und er betont: „Allerdings ist ein Mindestmaß an Bezahlung auch eine Sache des Respekts gegenüber der Arbeit und den Arbeitnehmern, und dieser scheint hier zu fehlen.“

EXPRESS fragte bei Rapunzel Kinderhaus e.V. nach

EXPRESS fragte bei Rapunzel an: Was ist da los? Der Verein betont in einer ausführlichen Stellungnahme, dass Herr Braumüller „stundenweise als ehrenamtliche studentische Aushilfskraft in der OGS und nicht als Erzieher/ Gruppenleitung“ tätig war. Ehrenamtler würden nicht unter das Mindestlohngesetz fallen.

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Trotzdem habe man ihn über Mindestlohn bezahlt. Basierend auf 10 Euro Stundenlohn. „Dies entspricht einem Betrag von rund 335 € monatlich“, so Geschäftsführer Manfred Schmidt.

Fakt ist: Auf der Gehaltsabrechnung, die EXPRESS vorliegt, wird für das erste Quartal als Gesamt-Brutto 810 Euro ausgewiesen – also 270 Euro pro Monat. So steht es auch im Arbeitsvertrag.

Trotzdem bleibt Rapunzel dabei, mehr als Mindestlohn zu zahlen. Genauer: 65 Cent mehr.

Coronakrise in Köln trifft auch die Berufsanfänger

Frage an die Gewerkschaft Verdi: Werden Erzieher in der OGS schlecht bezahlt?

Verdi-Sprecherin Lisa Isabell Wiese: „Wir erleben häufiger, dass Kolleginnen und Kollegen nicht für einzelne Projekte als Honorarkräfte, sondern für die Regeltätigkeiten eingesetzt werden."

Heißt: Billigkräfte für Fachaufgaben.

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Verdi-Sprecherin Lisa Isabell Wiese.

Wiese weiter: „Ein von uns bereits häufiger thematisiertes Problem im Bereich der OGSen ist die prekäre Beschäftigungssituation. Die OGS darf nicht länger als Billigvariante der Schulkinderbetreuung betrachtet werden."

Verdi: OGS als Billigvariante der Kinderbetreuung

Im Bereich der OGSen gebe es „eine sehr bunte Trägerlandschaft und Regelungen, die auf Ministererlassen basieren. Wir fordern deshalb ein OGS-Gesetz in NRW, das rechtliche Standards, wie Vorgaben zu Gruppengrößen, Fachkraft-Kind-Relation und Mindestausstattung erhält. Nur so können wir die Arbeitssituation der Beschäftigten dauerhaft verbessern."

Hier sei die Politik in der Pflicht:

„Der Druck wird durch häufige Ausschreibungen von den Trägern ohne Tarifbindung an die weitergegeben, die nach Tarif zahlen. Eine Lösung könnte eine Vergabe unter der Voraussetzung eines Tarifvertrags sein, um so über die Vergabe öffentlicher Aufträge ein Signal zu senden."