Karate JackyMilieu-Bilanz einer Kölner Türsteher-Größe: Am Ende verlor ich alle Zähne

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Ein Mann wie eine Maschine: Karate Jacky zu seiner Glanzzeit.

von Markus Krücken (krue)

Köln – TV-Dokumentationen, Bücher wie „Wenn es Nacht wird in Köln“: Das berüchtigte Kölner Milieu der 70er und 80er Jahre.

Die einen halten die Protagonisten von einst wie Schäfers Nas für Haudegen mit Ganovenehre, viele empören sich dagegen, wenn die heute noch lebenden Gestalten wie „Pille Rolf“ auf der Straße jubelnd erkannt werden und sogar Autogramme geben.

Köln: Türsteher schildert seine Milieu-Erfahrungen

Auf express.de erinnern wir zum Jahreswechsel mit Episoden an die wilde und oft kriminelle Vergangenheit, die als Chicago am Rhein zu Köln gehörte, aber nicht verklärt werden darf.

Diesmal veröffentlichen wir Anekdoten von Ex-Türsteher Jakob Franzen aus dem oben erwähnten Buch von Roland Bebak. Das Interview mit „Karate Jacky“, wie der Kampfsportler seit jeher genannt wird.

Sie galten in den 80er Jahren im Milieu als Weltmeister der Straße – wie fing das denn alles von klein auf an?

Ganz einfach: Das fing in Kalk an, ich hab da Gerüstbauer gekannt, die haben mir die Hände geküsst. Ich kannte die ganzen Italiener und Türken. Und wenns da läpsch wurdest, war 'ne Schlägerei. Da bin ich immer als Sieger rausgegangen – immer.

Der Vater war auch Boxer?

Ja. Meine Mutter hat auch gern hingelangt, die ist unter acht Brüdern groß geworden.

Was haben Sie ursprünglich gelernt damals? Haben Sie eine Ausbildung gemacht?

Ich hab eine Ausbildung vom Sozialdienst Katholischer Männer gekriegt als Maschinenschlosser. Die hab ich dann bei der Bundesbahn abgeschlossen. Aber ich habe immer weiter Sport getrieben. Wahrscheinlich damals unbewusst, weil es die einzige Möglichkeit war, sich abzureagieren oder sich lieb zu halten oder nett zu halten.

Ich hab im Endeffekt nur trainiert. Das, was sie wahrscheinlich damals in mich reingesteuert haben, hab ich abreagiert.

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Karate Jacky in typischer Pose vor seiner früheren Wirkungsstätte in der Merowinger Straße.

Wie sind Sie dann ins Milieu gekommen?

Ja, Milieu – ich war in Kalk und dann bin ich in die Stadt. Ich hab in Kalk gearbeitet für 70 DM am Wochenende. In einer Teenie-Disco für einen Türken. Der Mustafa, der hatte überall Immobilien, der war auch Türsteher.

Dann kam das ganze Theater Richtung Stadt und da hab ich damals für den Schiemer gearbeitet. Die Disco hieß Lufthansa damals. Da hab ich das erste Mal richtig Geld verdient. So 200 DM an einem Abend. Das war damals viel Geld. Die Lufthansa-Gesellschaft hat damals die Räume vermietet am Rhein unten im Keller. Da hab ich 'ne riesige Disco gemacht und da hab ich meine erste Frau kennengelernt, die Tamara.

Und später wurden Sie für Casinobesitzer und Puffbesitzer Glucke Personenschützer? Stimmt das?

Also erst hab ich für den Schiemer gearbeitet. Und dann wurde ich durch Hörensagen weiterempfohlen. Glucke war mal früher Taxifahrer, Schnelldienstfahrer. Ein unbeholfener, kleiner pummeliger Mann, und der hatte nicht viel zu sagen.

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Ein Mann wie eine Maschine: Karate Jacky zu seiner Glanzzeit.

Gab es denn oft Situationen, wo Sie eingreifen mussten?

Der Mann ist also so, wie ich das weiß, von vielen Leuten bedroht worden. Ich hab nachher fünf Läden für den gemacht und dann hab ich von der Glucke im Monat 5000 DM gekriegt. Nicht viel.

Ich hatte im Endeffekt ja die ganze Bewachung, ich hatte die ganzen Läden und ich war 24 und das ging ja dann privat nachher auch weiter.

Ich hab ja verdient und die Schüsse, die ich kennengelernt habe, die waren ja meistens aus dem Puff.

Waren Sie auch im Knast?

Im Knast war‘s Tutti.

Und sie waren auch Geldeintreiber?

Was heißt Geldeintreiber, das kann man nicht sagen. Wir haben alles bezahlt gekriegt, weil ich mitgefahren bin. Der Chef hat gesagt: He, der hat 5 Mill verloren, fahr ens grad mit hin und dann wars das ja schon.

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Karate Jacky heute im Annoheim in der Südstadt.

Heute leben sie im Annoheim in der Südstadt. Wie viele Zähne haben Sie verloren in der Milieu-Zeit?

Alle im Endeffekt. Das ging bom bom bom – und dann wollten Sie mir Implantate reinsetzen, aber ich lass mir doch keine Implantate machen.

Ich hab die jetzt alle sozusagen geschliffen gekriegt. Und ein paar raus und jetzt ist das erst mal sauber. Ich war ja in der Uniklinik, aber ich hatte ja keinen Krankenschein so, und da hab ich mir die ganzen Sachen rausgedrückt.