Justiz-Beben: Eine Rocker-Mordprozess wird neu aufgerollt!
Justiz-Hammer in KölnRocker-Mord-Prozess wird neu aufgerollt

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Polizei steht an einem abgesperrten Bereich nur wenige hundert Meter von der Polizeiwache Mülheim entfernt im Böcking-Park.
Aktualisiert06.09.2025, 10:02
Im Fall des ermordeten Ex-Rockers Eren Y. (†35) wird es einen neuen Prozess geben! Ein bereits rechtskräftiges Urteil des Kölner Landgerichts wurde jetzt vom Bundesverfassungsgericht gekippt.
Der zu lebenslanger Haft verurteilte Hami S. (28) bekommt einen neuen Prozess. Der Grund: Ein Verfahrensfehler!
Es war eine Tat, die der damalige Richter Achim Hengstenberg als „öffentliche Hinrichtung“ bezeichnete. Unweit eines Brauhauses in Mülheim wurde der Ex-Rocker Eren Y. mit einem Kopfschuss getötet. Seine Freundin überlebte schwer verletzt. Ein Kellner aus dem Brauhaus versorgte die stark blutende Halswunde der Frau mit Servietten und einer Tischdecke, bis die Rettungskräfte eintrafen.
Die mutmaßlichen Schützen, die früheren Rocker Marco C. (28) und Emre U. (32), sind bis heute auf der Flucht. Doch wer war der Drahtzieher?
Für das Gericht stand fest: Hami S. hat den Mord in Auftrag gegeben. Als Beweis dienten Handyauswertungen, die eine intensive Kommunikation mit den Tätern vor und nach der Tat belegten. Das Motiv blieb unklar – die Rede war von Revierstreitigkeiten im Rockermilieu und Schulden.

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Der 28-jährige Angeklagte begrüßt seinen Verteidiger beim Prozessauftakt im Landgericht Köln.
Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil des Landgerichts zunächst bestätigt, woraufhin die Verteidigung Verfassungsbeschwerde einlegte. Die Anwälte und Anwältinnen rügten, dass ein zentraler Zeuge in der Verhandlung nicht gehört wurde – und bekamen jetzt recht, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet.
Und dieser Zeuge ist kein Geringerer als Emre U. – einer der mutmaßlichen Todesschützen! Der in die Türkei geflüchtete Mann hatte seine Aussagebereitschaft signalisiert, angeblich um Hami S. zu entlasten.
Das Kölner Gericht lehnte eine Aussage per Videoschalte oder vor einem türkischen Gericht jedoch ab und bestand auf einer persönlichen Anhörung im Saal. Obwohl ihm freies Geleit zugesichert wurde, lehnte U. die Reise nach Köln ab. Damit war die geplante Zeugenvernehmung geplatzt.
Ein fataler Fehler, wie die Verfassungsrichter und Verfassungsrichterinnen nun urteilten. Dem Angeklagten, der die Höchststrafe erhalten und stets seine Unschuld beteuert hatte, sei durch die verweigerte Aussage ein gravierender Nachteil entstanden.
Aus dem Schneider ist der Beschuldigte damit aber nicht. Hami S. bleibt in Haft, da er weiterhin als dringend tatverdächtig gilt. Grundsätzlich hatten die Verfassungsrichter und Verfassungsrichterinnen die Beweiswürdigung nicht beanstandet.
Doch die Aussage des mutmaßlichen Schützen könnte die Indizienlage entscheidend ändern. Verteidiger Leonhard Mühlenfeld: „Ich bin froh, dass das Bundesverfassungsgericht unserer Auffassung gefolgt ist, dass der Zeuge dringend hätte gehört werden müssen. Nun besteht die Chance, dass die ganze Wahrheit ans Licht komme.“ (red)