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„Judenhass in Reinform“Wut nach Protest vor Kölner Synagoge

Polizei steht am 9. April 2024 vor der Kölner Synagoge in der Roonstraße.

Polizei steht am 9. April 2024 vor der Kölner Synagoge in der Roonstraße.

Eine Protestaktion vor der Kölner Synagoge sorgt für große Wut.

Eine Demonstration vor der Synagoge in der Kölner Roonstraße am Samstagabend sorgt für helle Aufregung!

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) Köln findet deutliche Worte für die Aktion, die sich gegen eine Lesung des Autors und Politologen Arye Sharuz Shalicar richtete.

Shalicar, der früher auch Sprecher der israelischen Armee war, sollte sein Buch „Überlebenskampf – Kriegstagebuch aus Nahost“ vorstellen. Eingeladen hatten die Wohltätigkeitsorganisation Keren Hayesod, die Kölnische Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und die Synagogen-Gemeinde Köln.

Dass die Proteste direkt vor der Synagoge stattfanden, löst jetzt pure Empörung aus. „Endlich fallen die Masken“, schrieb die Gesellschaft am Samstagabend auf Facebook zu einem Foto der Aktion.

Auf Spruchbändern sei zu lesen gewesen: „Keine Bühne für Genozid-Propaganda“. Darauf die scharfe Erwiderung: „Die AntisemitInnen und Hamasunterstützer tragen ihren Protest vor die Synagogen-Gemeinde Köln. Endlich können sie ihren niedersten Bedürfnissen folgen und vor und nahe den Synagogen protestieren“.

Der Vorwurf wiegt schwer: Weil der Protest vor einer Synagoge stattfand, würden die Demonstrierenden „hiesige Jüdinnen und Juden für Israel verantwortlich“ machen. Das Urteil der Gesellschaft ist eindeutig: „Anders als antisemitisch ist das nicht zu nennen.“

Laut dem Verein sollen die Demonstranten und Demonstrantinnen die Namen von im Gazakrieg getöteten Kindern verlesen und skandiert haben, dass die israelische Armee „all diese Kinder“ getötet habe. Dies erinnere an uralte, antisemitische Lügen über angebliche „Kindermord- und Ritualmord“-Vorwürfe.

Die DIG Köln legt nach: Gerade weil sich die Kundgebung „ausgerechnet vor der Synagogen-Gemeinde“ positionierte, zeige sich ihr „volksverhetzende Charakter“. Dies sei der „Gipfel von zwei Jahren antisemitischen Protesten“. Das Fazit: „Das war Judenhass in Reinform.“

Robert Habeck, damaliger Bundesminister für Wirtschaft, zusammen mit Arye Sharuz Shalicar bei einem Besuch in Sderot im Jahr 2023. Shalicar war damals als Sprecher der israelischen Streitkräfte tätig. (Archivbild)

Robert Habeck, damaliger Bundesminister für Wirtschaft, zusammen mit Arye Sharuz Shalicar bei einem Besuch in Sderot im Jahr 2023. Shalicar war damals als Sprecher der israelischen Streitkräfte tätig. (Archivbild)

Die Kölner Polizei hingegen bewertet die Lage anders. Die Versammlung auf dem Rathenauplatz sei störungsfrei verlaufen, teilte sie am Sonntag mit. Es hätten „weniger als 50 Personen“ teilgenommen.

Die Auftritte von Shalicar sorgen auch in anderen Städten für Zündstoff. In Wiesbaden wehrte sich die Jüdische Gemeinde gegen Kritik vor einem für Sonntag (12. Oktober) geplanten Auftritt. Versuche, Vorträge jüdischer Künstlerinnen und Künstler sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu verhindern, seien Ausdruck eines „Klimas der Ausgrenzung“.

Bereits am letzten Donnerstag hatten in Düsseldorf rund 100 Demonstranten und Demonstrantinnen gegen einen Auftritt Shalicars in der dortigen Synagoge protestiert. Laut Polizei verlief die Demo zwar ohne Gewalt, doch die Stimmung war offenbar aufgeheizt. Augenzeugen und Augenzeuginen sprachen laut WDR von einer „aggressiven Atmosphäre“. „Viele Mitglieder der jüdischen Gemeinde fühlten sich bedroht und hatten Angst“, hieß es. Die Polizei stellte mehr als 20 Strafanzeigen, unter anderem wegen Volksverhetzung. (red)