Jeder kennt sie, Köln feiert sieDie Ikone der Straße wird 170 Jahre alt

Zum 170. Geburtstag trägt die Litfaßsäule am Standort Am Hof / Unter Goldschmied im Schatten des Doms das Jubiläumsmotiv.

Zum 170. Geburtstag trägt die Litfaßsäule am Standort Am Hof / Unter Goldschmied im Schatten des Doms das Jubiläumsmotiv.

Köln feiert ein besonderes Jubiläum. Die Litfaßsäule gibt es jetzt schon seit 170 Jahren.

von Philipp Meckert  (pm)

Sie waren irgendwie schon immer da, an der Straße, an der Ecke, sind aber immer wieder neu, anders, spannend: Die guten, alten Litfaßsäulen, die vertrauten, dicken, liebenswerten Ikonen der Straße. Mal mit künstlerischer Werbung, mal als bunte Kunstsäulen, mal mit Kunstwerken oben drauf. Die Zeit vergeht – sie bleiben. Jetzt feiert der Pfeiler schon den 170. Geburtstag.

Dabei wird besonders in Köln an das Jubiläum gedacht. Kein Wunder, denn Außenwerber Ströer vermarktet in der Domstadt satte 570 Säulen und deutschlandweit 13000 Stück.

570 Säulen in Köln – „mehr als ein Stück Stadtgeschichte“

„Die Litfaßsäule ist weit mehr als ein Stück Stadtgeschichte – sie ist ein lebendiges Medium, das sich immer wieder neu erfindet und auch im digitalen Zeitalter ihren festen Platz hat“, sagt Alexander Stotz, CEO Ströer Media Deutschland GmbH.

„Sie verbindet Tradition mit Innovation und zeigt die Bedeutung öffentlicher Kommunikation im urbanen Raum. Die Litfaßsäule steht sinnbildlich für die Verknüpfung von Vergangenheit und Zukunft in der Außenwerbung.“

Also zurück in die Vergangenheit. Die Litfaßsäule, laut Definition „eine auf dem Gehweg von Straßen aufgestellte Anschlagsäule, an die Plakate geklebt werden“, wurde vom Berliner Drucker Ernst Theodor Amadeus Litfaß (1816 bis 1874) erfunden.

In der damals rotzfrechen Straßenszenerie der Hauptstadt störte ihn das ständige wilde Plakatieren. Nach   Reisen durch Paris und London hatte er dann die bahnbrechende Idee: Die Aufstellung einer sogenannten „Annoncier-Säule“, für die er die Erlaubnis des Polizeipräsidenten brauchte.

Wenn das der alte Ernst Litfaß erleben würde: Seine Erfindung wird schon 170 Jahre alt.

Wenn das der alte Ernst Litfaß erleben würde: Seine Erfindung wird schon 170 Jahre alt.

Am 5. Dezember 1854 erhielt er schließlich die Konzession zur „Errichtung einer Anzahl von Anschlagsäulen auf fiskalischem Straßenterrain zwecks unentgeltlicher Aufnahme der Plakate öffentlicher Behörden und gewerbsmäßiger Veröffentlichungen von Privatanzeigen“ – und damit das Monopol für die damaligen Eisenblechröhren (3,60 Meter Umfang, 3.60 Meter Höhe), die ihn später zum „König der Reklame“ und „Säulenheiligen“ machen sollten.

Die erste Litfaßsäule wurde dann am legendären 1. Juli 1855 in Berlin eingeweiht und beklebt.

Apropos Säulenheilige: Diese gleichnamigen, eindrucksvollen und menschengroßen Kunstfiguren gibt es in Düsseldorf zu entdecken. Zehn Skulpturen, geschaffen von Künstler Christoph Pöggeler, haben ihren luftigen Standort oben auf den Litfaßsäulen der Landeshauptstadt und blicken auf ihr Publikum herab – oder wie Figur „Marlies“ zum 240 Meter hohen Rheinturm hinauf. Kaum ein Tourist, der an Marlies vorbeigeht, ohne sie oder sich mit ihr zu knipsen.

Die Skulptur aus der Serie Säulenheilige des deutschen Künstlers Christoph Pöggeler. Marlies blickt hoch auf den Düsseldorfer Rheinturm.

Die Skulptur aus der Serie Säulenheilige des deutschen Künstlers Christoph Pöggeler. Marlies blickt hoch auf den Düsseldorfer Rheinturm.

Zurück nach Köln. Köln ist die erste Stadt Deutschlands, die alte Litfaßsäulen in „Kunstsäulen“ umfunktioniert hat. Derzeit zeigen   bis zum 15. August   27 Stück die farbenfrohen, fantatischen Zeichnungen des   Künstlers   Tobias Schulenburg – mit dem Titel „Zeughausstraße“.

Mit den Worten „Die Litfaßsäule bot damals erstmals einen öffentlichen Raum, der für alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen zugänglich war. Informationen konnten kostenlos von jedem Passanten konsumiert werden, unabhängig von sozialem Status oder Bildungsgrad“ setzt Ströer der Säule ein Denkmal: „Noch heute im digitalen Zeitalter gehört die Litfaßsäule zum festen Bestandteil des Stadtbilds und dient als Informationsquelle für Kultur, Events und Werbung. Sie bietet eine hohe Reichweite, ist niedrigschwellig wahrnehmbar und schafft Vertrauen durch ihre Präsenz.“

Klar, dass sich auch die Litfaßsäule weiterentwickelt hat. Im April wurde die supermoderne „Litfaßsäule 4.0“ gebaut – im Falle eines Blackouts samt Internetausfall kann sie bis zu 72 Stunden lang ohne Strom Warnungen von Behörden anzeigen. Vorbeigehen und sich informieren – es bleibt fast alles wie seit 170 Jahren.