Schock-Fall in Köln-Kalk: Ein Mädchen (3) verschwindet und wird in der Wohnung eines Seniors (72) gefunden. Vor Gericht gab es jetzt die überraschende Wende.
Irre Wende im Fall Helin (3)Köln: Dementer Senior entführte Mädchen

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Der beschuldigte Senior mit seinem Verteidiger beim Prozessauftakt im Februar dieses Jahres.
Aktualisiert
Ein Albtraum für alle Eltern! Als die kleine Helin (3) an einem Freitagabend im Mai 2024 spurlos verschwindet, startet die Polizei eine riesige Suchaktion.
Eine ganze Nacht lang sind Beamtinnen und Beamte mit Spürhunden und einem Hubschrauber im Kölner Stadtteil Kalk im Einsatz.
Am Morgen dann die schockierende Entdeckung: Das Kind wird gegen 8 Uhr in der Wohnung eines damals 70-jährigen Mannes gefunden. Der behauptet: alles nur eine Verwechslung!
Der unfassbare Fall landete vor dem Kölner Amtsgericht. Der Vorwurf: Entziehung Minderjähriger. Am Donnerstag wurde das Urteil gegen den inzwischen 72 Jahre alten Mann gesprochen. Unter den Zuschauerinnen und Zuschauern saßen sowohl seine Angehörigen als auch die Mutter des Mädchens. Bereits im Februar hatte die Richterin den Prozess vertagt, um den Angeklagten von einem psychiatrischen Sachverständigen untersuchen zu lassen. Das berichtet der „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Was war passiert? Helin war mit ihren Eltern aus Kassel zu Besuch in Köln. Im gut besuchten Bürgerpark Kalk verschwand sie plötzlich. Wie genau sie in die nahegelegene Wohnung des Angeklagten gelangte, bleibt ein Rätsel. Laut Anklage soll er spätestens in der Nacht gemerkt haben, dass das Kind ihm fremd war. Trotzdem behielt er es bei sich und soll gegenüber der Polizei sogar behauptet haben, es sei seine Enkelin.
„Der Vorwurf wird bestritten“, sagte Verteidiger Christian Kemperdick. Sein Mandant habe fest geglaubt, das Mädchen sei seine Enkelin. Er habe ihr Chips und Cola gegeben, woraufhin sie eingeschlafen sei. „Dem Kind ging es gut“. Erst als die Polizei am Morgen vor der Tür stand, sei ihm der Irrtum aufgefallen.
Der Angeklagte selbst, der dem Prozess nur schwer folgen konnte, beteuerte seine Unschuld. Wegen seiner Seh- und Hörschwäche könne er Menschen nicht gut erkennen, erklärte er über eine Dolmetscherin. „Ich bin nicht schuldig“, ließ er übersetzen. „Ich konnte mir nie vorstellen, dass es einen Prozess geben wird.“
Die Ermittlerinnen und Ermittler hatten einen riesigen Aufwand betrieben: Videoaufnahmen, DNA-Spuren und Handydaten wurden ausgewertet – ohne Ergebnis. Das Wichtigste: Toxikologische und gynäkologische Gutachten zeigten, dass dem Mädchen keine Gewalt angetan wurde.
Die entscheidende Wende brachte das psychiatrische Gutachten: Der 72-Jährige leidet an einer Demenz „von leicht- bis mittelgradiger Schwere“. Deshalb sei nicht auszuschließen, dass er schuldunfähig war.
Die Richterin sprach den Angeklagten daraufhin frei – so wie es auch Staatsanwalt und Verteidiger gefordert hatten. „Eine schuldhafte Verwirklichung des Tatbestands konnte nicht nachgewiesen werden“, hieß es im Urteil. (red)
