Giftmord-Prozess in Köln„Den trauernden Ehemann hat man ihm voll abgenommen“

Der Angeklagte steht zwischen seinen beiden Verteidigern.

Roland B. muss sich seit Montag (19. September 2022) vor dem Landgericht Köln wegen zweifachen Mordes sowie Mordversuchs verantworten. Vor Prozessbeginn unterhält er sich mit seinem Anwalt Martin Bücher. Links sein zweiter Verteidiger Mutlu Günal. 

Der mutmaßliche Giftmörder aus Hürth muss sich seit Montag vor dem Kölner Landgericht verantworten.

von Iris Klingelhöfer (iri)

Vor dem Kölner Landgericht hat am Montag (19. September) der Prozess gegen den mutmaßlichen Giftmörder Roland B. (41, Name geändert) begonnen. Der Publikumsandrang war so groß, dass es im Gerichtssaal nicht genügend Sitzplätze gab.

Der Krankenpfleger aus Hürth soll seine damalige Ehefrau (†35), seine neue Lebensgefährtin (36), die zu dem Zeitpunkt von ihm schwanger war, sowie deren Großmutter (†92) mit Thallium vergiftet haben. Die Lebensgefährtin konnte gerettet werden. Das gemeinsame Kind starb jedoch kurz nach der Geburt. 

Krankenpfleger wegen Mordes und Mordversuchs in Köln vor Gericht

Die Staatsanwaltschaft wirft Roland B. zweifachen Mord sowie Mordversuch in Tateinheit mit versuchtem Schwangerschaftsabbruch vor. In allen Fällen soll er heimtückisch gehandelt haben.

Laut Anklage soll der Krankenpfleger spätestens ab dem 29. April 2020  Thallium bestellt und sich an seine Arbeitsstelle im Krankenhaus geschickt haben lassen. Anschließend habe er das Gift plangemäß seiner ahnungslosen Ehefrau verabreicht, die er knapp fünf Jahre zuvor kennengelernt hatte.  

Prozess in Köln: Auch ehemaliger Kollege eines der Opfer im Saal

Das Thallium entfaltete bei der 35-Jährigen schnell seine grausame Wirkung. Zunächst fühlte sie sich unwohl, ihr war übel. Und Roland B. begleitete sie bei zahlreichen Arztbesuchen. Am 14. Mai 2020 hatte die Ehefrau bereits Schmerzen am ganzen Körper, sie kam ins Krankenhaus. Es folgten Lähmungserscheinungen, auch im Gesicht. Kurz darauf musste sie auf der Intensivstation intubiert und beatmet werden und am 29. Mai wurde sie in die Düsseldorfer Uniklinik verlegt, wo sie starb. 

Im Zuschauerraum verfolgte auch ein ehemaliger Kollege der Toten, die Lehrerin war, den Prozessauftakt. „Den trauernden Ehemann hat man ihm voll abgenommen“, sagt er über den Angeklagten. „Er war sehr fürsorglich gegenüber seiner Frau.“ Man habe nie gedacht, dass da so etwas laufen könnte. 

„Wenn man mit ihm trauernd am Grab gestanden hat ...“, erklärt er noch immer fassungslos. Später habe er Roland B. erneut am Grab getroffen: „Da hat er mir erzählt, dass er eine neue Frau kennengelernt hat.“

Ende November 2020, rund ein halbes Jahr nach dem Tod seiner Ehefrau, zog Roland B. mit der neuen Frau (36) zusammen. Dabei lernte er auch deren Großmutter kennen. Laut Anklage soll er spätestens im Frühjahr 2021 beschlossen haben, die 92-Jährige zu vergiften – im Bewusstsein, was für einen qualvollen Verlauf eine Thalliumvergiftung nehmen könnte. 

Am 3. März 2021 klagte die alte Dame über Unwohlsein und Halsschmerzen. Es folgten Übelkeit, Ganzkörperschmerzen, Haarausfall. Am 1. April starb sie zu Hause. Wie auch schon bei der Ehefrau schöpften die Ärzte keinen Verdacht. 

Krankenpfleger in Köln vor Gericht: Lebensgefährtin überlebte

Mitte August 2021 wurde Roland B.s Lebensgefährtin schwanger. Laut Anklage fasste der Krankenpfleger dann in „eiskalter Gesinnung“ den Entschluss, ihr Gift zu verabreichen. Ab dem 28. September traten bei der 36-Jährigen Vergiftungssymptome bis hin zu Ganzkörperschmerzen auf. Im November konnte sie kaum mehr Nahrung zu sich nehmen, ihr Bauch blähte sich auf. Mit Lähmungserscheinungen kam sie in die Düsseldorfer Uniklinik, wo sie zeitweise das Bewusstsein verlor. 

In Düsseldorf war auch schon die Ehefrau des Angeklagten mit identischen Symptomen behandelt worden. Glück für die Lebensgefährtin: Die Thallium-Vergiftung wurde festgestellt, ihr mit einem Gegenmittel das Leben gerettet und die Polizei eingeschaltet.

Insgesamt vier Angehörige der mutmaßlichen Opfer treten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Roland B. ließ über einen seiner Verteidiger erklären, dass er sich weder zu seiner Person noch zu den Vorwürfen äußern wird. Der Prozess wird am 6. Oktober fortgesetzt. (iri)