„Schnürt mir die Kehle zu“Nach heftiger Explosion in Kölner Innenstadt: Dr. Knarf emotional wie nie

Dr. Knarf vor der verheerenden Explosion.

Niko Brenner alias Dr. Knarf wurde bei der Explosion lebensgefährlich verletzt und lag monatelang im Koma. Hier ein undatiertes Archivbild.

Am 6. Gebruar 2017 hallte eine laute Explosion durch die Kölner Innenstadt: Das Tonstudio des Rappers Dr. Knarf flog in die Luft. Bald startet der Prozess, in einer Doku in der ARD hat er nun über sein Leben gesprochen.

von Niklas Brühl (nb)

Der 6. Februar 2017 war für den Kölner Niko Brenner (38), alias Dr. Knarf, ein lebensverändernder Tag. Das Tonstudio des Rappers in der Kölner Innenstadt flog in die Luft, Brenner überlebte mit schweren Verletzungen. Demnächst steht er Köln vor Gericht, die Vorwürfe: Handel und Herstellung von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und fahrlässige Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion.

In der ARD-Dokumentation „Echtes Leben – Das neue Leben des Rappers Dr. Knarf“, die am Dienstag (29. August 2023) um 23.35 Uhr ausgestrahlt wird und bereits jetzt in der Mediathek abrufbar ist, erzählt der gezeichnete 38-Jährige von seinem Leben nach der verheerenden Explosion.

Kölner Rapper Dr. Knarf nach verheerender Explosion: „Ärzte haben mich abgeschrieben“

Bereits im Teenageralter begann der gebürtige Hamburger, der in früher Kindheit nach Köln zog, als Dr. Knarf mit der Rapmusik. Seine Karriere endete letztendlich mit einem selbstverschuldeten Unfall – und einem lauten Knall. In seinem Tonstudio in der Kölner Innenstadt soll er hochkonzentriertes Cannabisextrakt hergestellt haben. Eine Gasflasche explodierte in seinen Händen. Niko Brenner selbst und ein Freund wurden auf den Innenhof geschleudert.

Die Folge: Seine halbe Schädeldecke fehlt, er lag drei Monate im Koma, hatte vier Schlaganfälle, er ist halbseitig gelähmt und 40 Prozent seiner Haut sind verbrannt.

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Dr. Knarf selbst spricht in der ARD-Doku über seinen Lifestyle vor dem schwerwiegenden Unfall: „Mein Leben war laut und exzessiv. Viele Ärzte hatten mich abgeschrieben. Es ist für mich ein Wunder und ein großes Geschenk, noch hier zu sitzen.“ Mittlerweile kann er wieder weitere Strecken mit einem Stock zu Fuß zurücklegen, lange Zeit saß der 38-Jährige ausschließlich im Rollstuhl.

Kölner Rapper Dr. Knarf: Privatinsolvent, griechisch-orthodox und zurück auf der Bühne

Erstmals stand er, wie in der Doku zu sehen, nach seinem Unfall auch wieder auf einer Bühne und performte einen seiner Songs. Als „Hip-Hop-Legende“ angekündigt, trat er in einem kleinen Club in Hamburg auf – ein großer Schritt zurück in die Normalität: „Aufgeben war nie eine große Stärke von mir. Einiges ist demotivierend, aber ich muss mein Schicksal akzeptieren.“

Der Auftritt in Hamburg glückte – und was gibt Dr. Knarf neben der Musik die Kraft, sein Leben nach der Explosion zu bewältigen? Er hat sich taufen lassen, ist nun Mitglied der griechisch-orthodoxen Gemeinde in Köln. „Ich habe vorher nie Verbindungen zum Glauben gehabt, aber mittlerweile gibt es mir viel Kraft.“

Dr. Knarf ist privatinsolvent, seine Versicherung kam für die Krankenhauskosten nicht mehr auf, nachdem er falsche Angaben zu seinem Drogenkonsum gemacht hatte. Er arbeitet in einer Werkstatt für Menschen mit Hirnschäden, verdient dort 300 Euro monatlich, dazu kommen 150 Euro vom Amt.

Sein Schicksal zu akzeptieren, keine einfache Sache für den früheren Rapper: „Ich komme mir im Spiegel immer noch fremd vor, kann mich mit dieser Person nicht identifizieren. Ich hatte schon immer Probleme, wenn ich andere Menschen um Hilfe fragen muss und bin mittlerweile froh für jede Sache, die ich selbst erledigen kann.“

Köln: Dr. Knarf kehrt an Ort der Explosion zurück

Als der 38-Jährige in der ARD-Doku zum Ort der Explosion in der Kölner Innenstadt zurückkehrt, wird er emotional: „Es ist ein heftiges Gefühl, wieder hier zu sein. Vor allem bei dem Gedanken, dass hier ringsum Wohnungen sind, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner ebenfalls in Lebensgefahr hätten schweben können. Das schnürt mir die Kehle zu.“

Feuerwehr, Rettungskräften und Polizei stehen vor dem Haus in der Kölner Innenstadt, in dem das Tonstudio von Dr. Knarf am 6. Februar 2017 explodierte.

Ein Großaufgebot von Feuerwehr, Rettungskräften und Polizei waren in der Februarnacht nach der Explosion vor Ort. Dr. Knarf und einer seiner Kumpel wurden teils lebensgefährlich verletzt.

Er sagt weiter: „Ich war der Verursacher. Aber es war nun mal ein Unfall. Ich selbst könnte mir auch etwas Schöneres vorstellen, als bis heute an den zahlreichen körperlichen Schäden zu leiden.“ Er selbst habe es damals nicht für möglich gehalten, dass bei seinen Machenschaften im Tonstudio eine solch verheerende Explosion zustande hätte kommen können. „Es war eine Blase, in der ich gelebt habe“, sagt er heute.

Am 17. Oktober 2023 beginnt der Prozess gegen Dr. Knarf vor dem Kölner Landgericht – aufgrund seiner schweren Behinderungen hoffe der 38-Jährige auf Strafmilderung.