Er nahm sich das LebenTragödie um Kölner Uni-Professor

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Prof. Dr. Jürgen Koebke (66) wurde in der Nacht zu Freitag auf einer Lichtung in Lövenich tot aufgefunden.
Köln – Trauer und Entsetzen an der Kölner Universität. Der frühere Leiter des Anatomischen Instituts, Prof. Dr. rer. nat. Jürgen Koebke, hat sich das Leben genommen. Zuvor war öffentlich bekannt geworden, dass am Institut bis zu 80 Leichen noch nicht bestattet worden waren.
Nach EXPRESS-Informationen meldete seine Familie ihn als vermisst, als er von einem Spaziergang nicht zurückkehrte. Fährtensuchhunde des DRK fanden seine Leiche um 0.22 Uhr am Freitagmorgen in Lövenich auf einer Lichtung in der Nähe einer Unterführung. Er hatte sich erstochen. Bei ihm wurde ein Abschiedsbrief an seine Frau und die vier Töchter gefunden. Daraus geht hervor, dass er die Wucht, mit der ausschließlich ihn Vorwürfe um Schlamperei im Leichenkeller der Anatomie trafen, nicht länger aushalten konnte.
Nach EXPRESS-Recherchen stellt sich der Vorgang nämlich anders dar: Wie inzwischen aus Kreisen der Universität und der Studentenschaft verlautet, begannen die Probleme zwar zu einer Zeit, als Koebke der Chef des Instituts war. Die dort zuständige Mitarbeiterin habe aber private Probleme gehabt, auf die Koebke Rücksicht genommen habe. „Der Professor wollte nicht gleich mit dem Holzhammer kommen“, sagt ein Ex-Student, der jetzt Arzt ist. „Er war einfach menschlich und hat versucht, zu helfen.“
Bereits Mitte 2010 hatte Koebke dann aber die Mitarbeiterin abgemahnt und angeordnet, wöchentlich mindestens fünf Bestattungen durchführen zu lassen. Gleichzeitig informierte er bereits damals Prof. Dr. med. H. Sch. – der Nachfolger Koebkes werden sollte – über die Probleme am Institut. Prof. Dr. Sch. war für EXPRESS nicht zu erreichen. Er ist seit Wochen und auf unbestimmte Zeit krankgeschrieben.
Gemeinsam haben die beiden Professoren die zuständige Mitarbeiterin abermals abgemahnt und ihr dienstliche Anweisungen erteilt, für die ordnungsgemäße Bestattung der Leichen zu sorgen. „Es stimmt also nicht, dass die Probleme erst von Professor Koebkes Nachfolger aufgedeckt wurden“, sagen Mitarbeiter des Anatomischen Instituts.
Gleichwohl wurde dieser Eindruck erweckt – und seitens der Universität auch nicht korrigiert – zu viel für den beliebten Professor, der sogar nach seinem Eintritt in den Ruhestand (Ende Februar 2011) auf Bitten seines Nachfolgers weiter Kurse leitete. Jetzt ist er tot – dieses Drama hinterlässt bei Familie, Kollegen und Studenten tiefe Bestürzung.