Ein aktueller Fall sorgt für Wirbel innerhalb der Aidshilfe Köln. Darum hat sich der Verein an die Öffentlichkeit gewandt.
„Ein Schlag ins Gesicht“Kölner Verein fassungslos – ausgesperrt wegen Diagnose HIV positiv

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Im November 2020 übernahm Oliver Schubert (r.) die Geschäftsführung der Aidshilfe Köln. Drei Jahre später ist er fassungslos über das, was der Aidshilfe nun passiert ist. Das Foto zeigt Schubert 2020 bei der symbolischen Schlüsselübergabe mit Vorgänger Michael Schuhmacher.
Kummer ist man bei der Aidshilfe Köln durchaus gewohnt. Nicht nur bei den HIV-Infizierten, auch beim Personal. Unverständnis, Vorurteile, alte Klischees – alles schon bekannt. Aber: Jetzt steht der Kölner Verein (mit Sitz am Heumarkt) vor einem Fall, der Geschäftsführer Oliver Schubert und Co. fassungslos macht.
Das Frauen- und Familienzentrum (FFZ) der Aidshilfe Köln habe „eine Mail bekommen, die uns fassungslos macht und wieder zeigt, dass HIV-positive Menschen überall im Alltag mit Diskriminierungserfahrungen rechnen müssen“, bestätigt der Verein am Donnerstag (30. November 2023).
Aidshilfe Köln wollte erneut in NRW-Tagungshaus reisen
Was ist passiert? Die Vorgeschichte: Im Sommer 2023 war das FFZ erstmals in einem (nicht näher benannten) Tagungshaus in Nordrhein-Westfalen auf Wochenendfahrt mit Klientinnen sowie deren Kindern gewesen. Nach der Reise stand fest: Eine Wiederholung in 2024 ist ausdrücklich erwünscht. Aber daraus wird nichts!
Die Aidshilfe zitiert aus einer Mail eines Verantwortlichen des Tagungshauses: „Der Termin im Juni ist bereits belegt. Weiterhin möchte ich unsere Zusammenarbeit hiermit beenden. Ich habe nach eurer letzten Veranstaltung bei uns viele Gespräche mit meinen Mitarbeitern und der Familie geführt und bin – auch wenn du mir versichert hast, dass es kein Risiko gibt – zu dem Entschluss gekommen, dass mit diesem Schritt alle beruhigter sind.“
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Ausgesperrt wegen der Diagnose HIV positiv – ein „Schlag ins Gesicht der Betroffenen“, wie es von der Aidshilfe heißt. „Wir haben diesen Vorfall bereits bei der Anti-Diskriminierungsstelle der Deutschen Aidshilfe gemeldet“, so Vorstand Jacob Hösl.
Bei Behandlung ist HIV im Alltag nicht übertragbar
Für Geschäftsführer Oliver Schubert ist der Fall ein No-go, gleichzeitig aber auch typisch für die aktuelle Zeit: „Wir merken vermehrt, dass Menschen mit HIV in immer mehr Bereichen des Lebens negative Erfahrungen machen müssen, weil Personen meinen, sie würden sich einem Infektionsrisiko aussetzen. Wir müssen eher mehr aufklären, damit sich diese Ängste auflösen.“
Tatsächlich ist HIV (noch) nicht heilbar, durch die moderne Medizin aber mit Medikamenten sehr gut kontrollierbar. Ist das Virus bekannt und wird behandelt, ist es auch nicht mehr übertragbar, vor allem nicht in Alltagssituationen. Eine Angst vor Ansteckung, etwa beim Hände schütteln oder im Gespräch, ist also völlig unbegründet.
Die Aidshilfe will aber aufgrund derartiger Fälle weiter aufklären, zum Beispiel rund um den Welt-Aids-Tag am Freitag (1. Dezember).
Unter anderem ist am Mittwoch (29. November) der „Klein, aber ho! ho!“–Weihnachtsmarkt direkt vor dem Eingang zum Café Bach an der KVB-Haltestelle Heumarkt gestartet (täglich von 17 bis 20 Uhr offen).
In Köln gab es 2022 insgesamt 174 HIV-Diagnosen. Die Zahl ist im Gegensatz zu 2021 leicht gestiegen (damals 152), der Anstieg ist allerdings mit dem Krieg in der Ukraine erklärbar. Alleine 92 Fälle betreffen geflüchtete Menschen aus der Ukraine, die sich bereits in ihrem Heimatland infiziert haben und dort behandelt wurden, nun aber in der Kölner Statistik als „neue“ Fälle auftauchen.