Deutsche WelleKölns Geisterturm ist nur noch Gerippe: Jetzt wartet der Mega-Hammer

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Blick vom Raderberggürtel auf die Hochhaus-Baustelle.

Köln – Eine bizarre Baustelle kratzt im Kölner Süden an den Wolken über der Stadt und fällt jeden Tag tausenden Menschen ins Auge: Wie ein grauer, durchlöcherter Monolith steht am Raderberggürtel ein 138 Meter hoher Turm.

Mit den Maßen 12x15 Meter ist er zudem extrem schmal und erscheint deshalb beim Blick aus weiteren Entfernungen umso spektakulärer. Köln wird Augenzeuge des höchsten und wohl kompliziertesten Hochhausabrisses in Europa.

Deutsche Welle in Köln: Größter Hochhaus-Abriss in Europa

Rückblende: Eigentlich sollte das 1980 eröffnete Hochhaus der Deutschen Welle im Jahr 2017 gesprengt werden. Aber bei den irren Mengen an Asbest und direkten Nachbarn wie Deutschlandradio, den gläsernen Autohäusern und vielen Wohnblöcken drumherum entschied man sich dagegen.

Anlass des Abrisses war, dass der Sender 2003 wegen der hohen Asbestbelastung im Haus nach Bonn umzog. Nun sollen auf dem Areal 750 neue Wohnungen entstehen. Sobald im Sommer 2021 von der Deutschen Welle nichts mehr zu sehen ist.

Deshalb wurde in den vergangenen Jahren nun der grün schimmernde Bürotrakt und der rötliche Studiotrakt in einem aufwendigen Verfahren nach und nach abgebaut.

32 Stockwerke werden scheibchenweise zerschnitten, von zwei Mega-Kränen (ein Ausleger schafft bis zu 160 Meter Höhe) runtergehievt und dann entsorgt.

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Blick durch die Baustelleneinfahrt in der Mertener Straße.

Der graue 138 Meter hohe Turm in der Mitte, der als Aufzugsschacht und Treppenhaus diente und beide Komplexe miteinander verband, blieb bisher stehen. Er dient auch als räumliche und optische Grenze, damit sich die beiden Raupenkräne nicht ins Gehege kommen.

Aber nun – quasi als Krönung – wartet der Mega-Hammer: Die Aussichtsplattform ganz oben.

„Dieser Rückbau wird eine besondere Herausforderung", sagt Bauleiter Michael Wagner von der Firma BST Becker Sanierungstechnik zum EXPRESS: „Die Aussichtsplattform steht um einen Kern in der Mitte auf vier schmalen Stützen. Da ist der Abriss nicht so einfach."

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Blick auf das Hochhaus der Deutschen Welle. Direkter Nachbar (schwarzes Haus) ist das Funkhaus Köln / Deutschlandradio, mit einer Höhe von 102 Metern das zehnthöchste Hochhaus der Stadt.

Denn wenn die Stützen der augenscheinlich fragilen Konstruktion gekappt werden würden und das viele Tonnen schwere Betongeschoss abrutschen sollte, könnte die ganze Spitze wohl unkontrolliert zu Boden stürzen und weitere Teile mit sich reißen.

Die Folgen wären – allein durch die Wucht der Erschütterung – verheerend. Um dieses Horror-Szenario auszuschließen, wird nun intensiv beraten, wie der Abriss des oberen Aufzugsschachtes ablaufen kann. Im Juni könnte damit begonnen werden.

Deutsche Welle als Lost Place: Youtuber drehte Schock-Video

Das lange verwaiste und verwüstete Hochaus wurde auch immer wieder illegalerweise Ziel von Freaks und Fans, die sich gerne in verlassenen Gemäuern tummeln, über diese „Lost Places" (vergessene Orte) Youtube-Videos drehen oder den Nervenkitzel beim Besteigen von hohen Bauwerken lieben.

Auch der international aktive Lost-Places-Fan Bennett Encke ist 2015 der Deutschen Welle verbotenerweise aufs Dach gestiegen und zeigte damals in seinem Video („Die Erforschung von Europas höchstem verlassenen Hochhaus") einen schaurigen Einblick in das gespenstisch leere Hochhaus und einen atemberaubenden Ausblick über das glitzernde Köln.

Klar ist: Nach Kölnturm (148,5 Meter) und Colonia-Haus (147 Meter) stand die Deutsche Welle mit 138 Metern bisher auf Platz 3 der Kölner Hochhaus-Liste. Bald wird das Uni-Center mit 133 Metern einen Platz hochrutschen.