Freispruch vor GerichtFrau zeigt Hitlergruß – doch niemand ahnt, was dahinter steckt

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Eine Frau war am Montag vor Gericht, nachdem sie am Hauptbahnhof in Düsseldorf den Hitlergruß gezeigt hatte. Unser Symbolfoto zeigt eine Menschenmenge am Düsseldorfer Hauptbahnhof im Oktober 2020. 

von Barbara Kirchner (kir)

Düsseldorf – Da fährt eine Frau mit ihrem Tretroller durch den Hauptbahnhof, streckt den Arm zum Hitler-Gruß und schreit lauthals „Sieg Heil!“

Trotzdem wurde Dagmar M. (53, Name geändert) vom Vorwurf der Verwendung von verbotenen Nazi-Symbolen freigesprochen. Denn sie leidet unter der seltenen Nervenkrankheit Tourette…

Frau (53) zeigt Hitlergruß wegen Tourette-Syndrom

Schon als die Frührentnerin am Montag den Gerichtssaal betritt, fällt auf, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Sie zuckt ständig und schneidet Grimassen. Sogenannte „Tics“? Das kann der Gutachten jedenfalls nicht ausschließen.

Im November letzten Jahres fuhr Dagmar M. mit ihrem Roller durch den Hauptbahnhof und benahm sich mehr als daneben. Als sie von der Bahnpolizei mitgenommen wird, erklärt sie ihren Ausraster so: „Ich habe das Tourette-Syndrom. Außerdem ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung). Ich sage solche Dinge, obwohl ich das nicht möchte.“

Täterin über Hitlergruß: „Mache das immer, wenn ich aufgeregt bin”

Ein Beamter nahm das schon für voll: „Es gibt ja Leute, die so etwas machen, die tragen schwarze Stiefel mit weißen Schnürsenkeln. Es gibt aber auch Leute, die sind krank.“ Und genau so schätzte er Dagmar M. ein – zumal sie auch vor Ort unruhig war und immer wieder zuckte.

Vor Gericht meinte Dagmar M.: „Ich mache das immer, wenn ich aufgeregt bin. Ich kann das nicht stoppen. Auch gegenüber meinen Freunden ist das so.“

Diagnostiziert wurde diese Erkrankung nie – dafür aber andere. So bescheinigte ihr eine Neurologin ADHS und eine Suchterkrankung. Auch beim Vorfall im Hauptbahnhof hatte Dagmar M. getrunken. 1,6 Promille wurden gemessen.

Nach Hitlergruß: Freispruch wegen Tourette-Syndrom

Der Gutachter: „Ich denke, dass es ein Zusammenspiel von vielen Faktoren war. Das ADHS und auch der Alkohol. Es gibt aber auch Anzeichen für ein leichtes Tourette-Syndrom.“

Allerdings keine schwere Erkrankung. Denn dann würde die Angeklagte auch im Gerichtssaal ständig fluchen. Der Sachverständige kann nicht ausschließen, dass Dagmar M. sich nicht steuern konnte. Deshalb der Freispruch.