Seltsamer Unfall in SiegburgErst schepperte es, dann sollte die Kasse klingeln

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Die beiden Angeklagten am Mittwoch vor Gericht.

Bonn/Siegburg – Mit Schutzmasken erschienen die beiden Angeklagten in dem gespenstisch leeren Justizgebäude. Denn ganz langsam erst nehmen das Bonner Land- und auch Amtsgericht vereinzelte Strafverfahren nach dem weitgehenden Shutdown vor fünf Wochen wieder auf.

Dazu gehörte gestern auch der Berufungsprozess der beiden Angeklagten, die sich gegen eine Verurteilung wegen eines vermeintlich fingierten Unfalls gewehrt haben.

Angeklagte sollen Unfall fingiert haben um von Versicherung abzukassieren

Das Amtsgericht Siegburg hatte die beiden 28-Jährigen im Oktober 2019 wegen versuchten gemeinschaftlichen Betruges zu jeweils 900 Euro Geldstrafe, Entziehung des Führerscheins sowie einer sechsmonatigen Sperre, bevor sie wieder eine Fahrerlaubnis beantragen zu können, verurteilt.

Der Amtsrichter war damals überzeugt, dass die Angeklagten, die entfernt verwandt sein sollen, am Abend des 27. Oktober 2016 einen Unfall auf einem leeren Parkplatz im Siegburger Industriegebiet verabredet hatten.

Mit einem eigens hierfür geliehenen Sprinter soll der eine rückwärts ausgeparkt und mit 20 Stundenkilometern die Front eines just für 10.000 Euro gekauften Mercedes gerammt haben. Der Schaden von knapp 13.857 Euro sollte von der Haftpflicht der Leihwagenfirma beglichen werden.

Verdächtige nach Unfall nervös und ohne Erklärung

Aber der Plan ging nicht richtig auf: Bereits den Polizeibeamten kam die Geschichte am Unfallort verdächtig vor. Denn der Schaden an dem Mercedes war unverhältnismäßig groß, der am Sprinter fast zu vernachlässigen; auch sollen die beiden Männer auffallend nervös gewesen sein.

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Dass sie sich kennen, haben sie immer bestritten, auch dass da was verabredet gewesen war. Obwohl es durchaus „Verknüpfungen“ zwischen den Familienzweigen der Angeklagten geben soll. Schließlich hatten sie auch keine Erklärung, warum sie sich am Unfallabend auf dem verlassenen Parkplatz aufgehalten haben.

Am Ende sind die Angeklagten sogar auf den Kosten des Unfalls sitzen geblieben: Von dem Reparaturschaden am Mercedes hat die Haftpflicht in einem zivilrechtlichen Vergleich vor dem Bonner Landgericht nur 6700 Euro übernommen.

Bonner Richterin stellt Verfahren gegen Verdächtige nach Unfall ein

Da der windige Fall mittlerweile dreieinhalb Jahre zurückliegt, hat Berufungsrichterin Anja Johansson vorgeschlagen, das Verfahren gegen die beiden nicht vorbestraften Angeklagten gegen eine Geldauflage von jeweils 400 Euro einzustellen. Nicht zuletzt auch, weil der Aufwand, das Geschehen und die Familienverhältnisse aufzuklären, unverhältnismäßig sei.

Und schließlich - ob fingiert oder nicht - bei der Parkplatz-Kollision hätte das Duo niemanden gefährdet, so die Richterin weiter. Ihnen nach so langer Zeit nachzuweisen, dass sie charakterlich ungeeignet seien, ein Fahrzeug zu führen, sei schwierig. „Das wäre ein ziemlicher Handstand“, formulierte es Johansson. Damit war für die beiden Männer das Wichtigste gerettet: ihre Führerscheine! (ucs)