Prozess in Bonn„Fremde Macht“ befahl Vergewaltigung der Nachbarin

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Die Richterin ordnete für den Angeklagten die Unterbringung in der Psychiatrie an. Er wurde wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen.

Bonn/Reichshof – Bereits in den Wochen vor der Vergewaltigung einer Nachbarin war der junge Eritreer in Reichshof seltsam aufgefallen: In der Nachbarschaft hatte er den Ruf „irre zu sein“. Sein intensiver Blick, seine starren Gesten, nicht zu zuletzt auch, dass er – obwohl bereits acht Jahre als Bürgerkriegsflüchtling anerkannt – kaum einen Satz Deutsch sprechen konnte, machten ihn im Ort zum Sonderling.

Vergewaltigung: Opfer konnte sich nicht wehren

Dennoch hatte keiner geahnt, dass der 33-Jährige so ein Verbrechen begehen könnte: Am 19. Juni 2020 war er am frühen Morgen in der Wohnung einer 59-jährigen Frau erschienen, die seit 20 Jahren durch einen Schlaganfall behindert ist. Ohne viele Worte zerrte er die fremde Frau aufs Bett, zog sie aus und vergewaltigte sie. Durch ihre Behinderung konnte sie sich nicht wehren.

Das Bonner Landgericht hat den 33-jährigen Angeklagten am Dienstag (15. Dezember) – wegen Schuldunfähigkeit – vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Obwohl die Tat planvoll eingefädelt schien.

Am Vorabend war der Angeklagte bei der 59-Jährigen, die er zuvor nicht kannte, erschienen, hatte ihr Nudeln und eine Dose Tomaten gebracht und dabei ihren einzigen Wohnungsschlüssel entwendet. Aber nach dem psychiatrischen Gutachten, das nicht ausschloss, dass der Angeklagte wegen einer wahnhaften seelischen Störung unter eingeschränkter Steuerungs- wie auch Einsichtsfähigkeit leidet, hieß es im Urteil der 3. Großen Strafkammer: Der Angeklagte habe eine ausgeprägte Psychose, die zu dem Verbrechen geführt hätte. Entsprechend wurde – wegen seiner Gefährlichkeit – die Unterbringung in eine psychiatrische Anstalt angeordnet.

Vergewaltigung: Täter bereits 2015 zu Haft verurteilt

Tatsächlich hatte der Angeklagte bereits zu Prozessbeginn erklärt, er werde von einer fremden Macht beherrscht, die ihm befehle, was er in seinem Leben zu tun habe. So auch die viel ältere Frau zu vergewaltigen, was ihm durchaus nicht angenehm gewesen sei. Er sei nicht „Herr seines Willens“ gewesen. Dieser Geist, so der 33-Jährige, sei ihm vor fünf Jahren zur weiteren Strafe vom Bonner Schwurgericht auferlegt worden, das ihn bereits 2015 wegen gefährlicher Körperverletzung zu fünf Jahren Haft verurteilt hatte.

Vergewaltigung: Einweisung in Essener Psychiatrie

In einer Asylunterkunft in Reichshof hatte er 2014 einen Mitbewohner mit einem Messer lebensgefährlich in seinem Bett verletzt. Der Eritreer hatte damals erklärt, dass er sich bedroht fühlte und in Notwehr gehandelt habe. Das wurde ihm nicht geglaubt, aber ein Motiv war nicht erkennbar. Der damalige Gutachter hielt den Flüchtling noch für seelisch gesund. 

Nach dem Urteil schien der 33-Jährige fast erleichtert. Von der Kammervorsitzenden wollte er nur noch wissen, in welcher Klinik er untergebracht wird. Er nickte zufrieden, als er Essen hört. (ucs)