Landgericht BonnEx-Freundin (23) fast getötet, trotzdem mildes Urteil

Gericht

Karim F. beim Prozessauftakt mit seinem Verteidiger Dietmar Bonn

von Iris Klingelhöfer (iri)

Bonn – Elfmal stach ihr Ex-Freund Karim F. (24) auf sie ein, fügte ihr so schwere Verletzungen zu, dass nur eine Not-OP ihr Leben rettete. Seitdem ist der Körper der 23-jährigen Anna (Namen geändert) entstellt – für immer…

Urteil überraschte viele

Gut vorstellbar, was im Kopf der jungen Frau vorging, als jetzt das Urteil gegen Karim F. fiel. Die Staatsanwaltschaft hatte acht Jahre Haft wegen versuchten Totschlags gefordert, herauskamen am Ende vier Jahre und neun Monate wegen schwerer Körperverletzung. Auch im Gerichtssaal waren viel Zuhörer überrascht.

Erst schickte er Nacktfotos an ihre Eltern und Kollegen

Am Abend des 23. Juli hatte der damalige Bundeswehrsoldat der Krankenschwester vor ihrem Haus aufgelauert. Sie hatte gerade Schluss mit ihm gemacht, er war auf Rache aus und hatte bereits intime Fotos von ihr an ihre Familie und Arbeitskollegen verschickt.

Als Anna aus der Tür kam, verpasste er ihr erst einen Halsschnitt knapp über der Schlagader. Während sie schreiend weg rannte, rammte er ihr die Klinge in Hinterkopf, Rücken und Schulter (hier mehr lesen). Plötzlich hörte er aber auf und flüchtete.

Deswegen ist es kein versuchter Totschlag

„Er entschied sich, nicht weiter zuzustechen“, so die Kammervorsitzende Anke Klatte in der Urteilsbegründung. Trotz Tötungsvorsatz war die Kammer daher der Meinung, dass Karim F. freiwillig von dem Entschluss zurückgetreten ist.

Dazu kam, dass er nicht erkennen konnte, wie schwer er sie verletzt hatte. Annas lebensgefährliche Verletzungen bluteten größtenteils in den Körper. Und: Als der Angeklagte flüchtete, habe er gesehen beziehungsweise gehört, dass das „Opfer noch schreien, laufen und stehen kann“, so Klatte.

Opfer wäre fast verblutet

Die 23-Jährige war allerdings unmittelbar danach zusammengesackt. Zum Glück alarmierten Ersthelfer sofort den Rettungsdienst, sonst wäre sie verblutet. Drei Stiche waren lebensgefährlich. Um Annas Leben zu retten, mussten die Ärzte einen großen Bauchschnitt durchführen.

Zurück blieben hässliche, sichtbare Narben, aber auch Schmerzen und psychische Belastungen. So ist die junge Frau zu ihren Eltern gezogen, weil in ihrer Wohnung alles wieder hoch kam...

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Anna (23) auf dem Weg zum Gerichtssaal, sie wurde von Seelsorger Albrecht Roebke begleitet.

Opferanwalt kündigt Revision an

„Meine Mandantin wird sehr unzufrieden mit dem Urteil sein. Es kommt nicht dem nahe, was sie sich vorgestellt hat“, erklärt Opferanwalt Marc Piel. Anna war nur an dem Tag im Gerichtssaal, als sie als Zeugin aussagen musste – per Videoübertragung. Zu groß war ihre Angst, ihrem Ex gegenüber zutreten (hier mehr lesen).

Die Messerattacke hat die 23-Jährige gebrochen. „Immer, wenn sie in den Spiegel blickt, wird sie an die Tat erinnert“, so ihr Anwalt Piel. Er hat Revision angekündigt.