KönigswinterRollstuhlfahrer übersieht steile Abfahrt: Oberschenkel gebrochen

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Der Mann war an einer steilen Stelle mit seinem Rollstuhl umgekippt. Das Symbolfoto zeigt einen Rollstuhlfahrer an einem Treppenabgang.

Königswinter/Bonn – An einem lauen Herbstabend wollten sie noch einmal raus. Timo S. (Name geändert), wegen einer Kinderlähmung auf einen Rollstuhl angewiesen, sein Sohn und ein ebenfalls behinderter Freund rollten entlang der Friedhofsmauer der Herresbacher Straße in Oberpleis.

Es war bereits 23 Uhr, als sie auf die Gabelung vorrückten, an der links die Zufahrt zum Friedhof ziemlich steil abgeht. Dann passierte etwas Seltsames, wie von Geisterhand: Timo S.’s Rollstuhl neigte sich ohne erkennbaren Grund zur Seite. Der 56-Jährige konnte das Gleichgewicht nicht mehr halten und kippte mitsamt Rolli um.

Rollstuhlfahrer verklagt Stadt Königswinter nach schwerem Sturz

Timo S. erlitt oberhalb des Kniegelenks einen Oberschenkelbruch und wurde mit dem Rettungsdienst ins Krankenhaus Bad Honnef gefahren. Der Bruch musste operiert und mit Metallplatten verschraubt werden. Die Heilung war langwierig.

Ein Jahr nach dem Sturz am 7. September 2019 hat Timo S. die Stadt Königswinter vor dem Bonner Landgericht auf 5000 Euro Schmerzensgeld verklagt. In der Dunkelheit habe er nicht erkennen können, dass die Straße an dieser Stelle unvermittelt steil bergab führt.

Die zwei hohen Straßenlaternen, die in etwa 17 Meter Entfernung die Stelle nur schwach ausleuchten, hätten nicht für eine klare Sicht ausgereicht. Die Kommune, so heißt es in der Klage weiter, hätte vor der abschüssigen Gefahrenstelle mit Schildern warnen müssen. Auch sei der Straßenbelag von der vielen Asphalt-Flickerei  an dieser Stelle voller Unebenheiten und auch rissig.

Von Rollstuhlfahrer angeklagt: Stadt Königswinter wehrt sich gegen Vorwürfe

Die Stadt habe, davon ist Timo S. überzeugt, ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt - und hafte entsprechend für den Sturz. Die verklagte Stadt Königswinter jedoch bestreitet den Vorwurf.

Regelmäßig werde die angemahnte Stelle von der Straßenmeisterei überprüft, zuletzt drei Monate vor dem Rolli-Unfall. Auch sei die Straße, die hier zwar steil, aber übersichtlich bergab führe, keine außerordentliche Gefahrenquelle.

Gericht schlägt Vergleich zwischen Rollstuhlfahrer und Stadt Königswinter vor

Im Gütetermin vor der 1. Zivilkammer hatte Timo S. jetzt keine guten Karten: Denn das Haftungsrecht, so der Kammervorsitzende Stefan Bellin, trete nur dann ein, wenn „eine Gefahrenlage überraschend eintritt und nicht ohne weiteres erkennbar ist“. Dieser Fall jedoch treffe auf den Unfall des Klägers nicht zu.

Dennoch schlug Bellin als Trostpflaster einen Vergleich vor. Die Stadt Königswinter zahlt dem Kläger als kleine Entschädigung 495 Euro. Timo S. zeigte sich einverstanden, die Stadt hat noch nicht zugestimmt. (ucs)