Bonner Schulden-SkandalGeschasster Stadtdechant wehrt sich gegen Kölner Erzbistum

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Am 10. Mai 2018 trat Monsignore Wilfried Schumacher als Bonner Stadtdechant zurück.

von Marion Steeger (MS)

Bonn/Köln – Die Nachricht zum Finanzskandal am Bonner Münster schlug vor einer Woche ein wie eine Bombe: Nicht 2 Millionen Euro Schaden seien entstanden, sondern 3, 5 Millionen Euro. Bei Baumaßnahmen seien Vorschriften umgangen, Betriebskosten nicht korrekt zugeordnet worden.

Hohe Ausgaben für Hotels und Reisen

Besonders krass , was die sogenannte Treuhandkasse angeht: In der Zeit seit 2009 wurden laut Erzbistum „Ausgaben im hohen fünfstelligen Bereich für Bewirtungen, Hotels und Reisen getätigt, die nicht oder nur unzureichend belegt sind“.

Luxusleben finanziert?

Führte da etwa der ehemalige Stadtdechant Monsignore Wilfried Schumacher ein heimliches Luxusleben auf Kirchenkosten? Denn das Erzbistum betont in der Pressemeldung vom 1. Februar: „Das Gremium (bistumsinterne Revision und private Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die Red.) sieht sich in seiner Empfehlung bestätigt, die es im Frühjahr 2018 dem Erzbischof gegeben hatte, Monsignore Wilfried Schumacher wegen seiner Verantwortung für den Schaden zum Amtsverzicht aufzufordern.“

Ex-Stadtdechant bricht sein Schweigen

Eine Woche lang hat Monsignore Schumacher geschwiegen. Jetzt gab er dem EXPRESS ein Interview. „Im Herbst 2016 habe ich zum ersten Mal vom damaligen Generalvikar Dr. Dominik Meiering gehört »Du bist pleite«. Das kam für mich völlig überraschend. Ich habe sofort alle Verantwortlichen zusammengeholt und zusammen mit dem Bistum versucht, die Lage zu konsolidieren.“

Seelsorge stand im Mittelpunkt

Er habe der Rendantur, der kirchlichen Kassenstelle, völlig vertraut. Schumacher: „Bei mir stand die Seelsorge im Mittelpunkt, ich hatte einen 16-Stunden-Arbeitstag. Und die Rendantur wurde im Jahr 2012 noch als beste des Erzbistums Köln ausgezeichnet.“

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Viele Bonner nahmen an der Abschiedsmesse für Monsignore Schumacher in der Stiftskirche teil.

Kölner Generalvikariat war eingebunden

Monsignore Schumacher nimmt auch Stellung zum Vorwurf, bei Baumaßnahmen seien Vorschriften nicht eingehalten worden und erklärt: „Der Pfarrer entscheidet nie allein über vermögensrechtliche Dinge, sondern zusammen mit dem Kirchenvorstand. Baumaßnahmen über 15.000 Euro sind genehmigungspflichtig. Und so ist es auch in der Kirchengemeinde St. Martin immer gehandhabt worden.“ Dabei handele es sich um ein dreistufiges Verfahren, bei dem das Generalvikariat des Erzbistums immer eingebunden werde.

Was war mit der Treuhandkasse?

Und was sagt Schumacher zu hohen Kosten für Bewirtungen, Hotels und Reisen, die gar nicht oder unzureichend belegt wurden und aus der Treuhandkasse entnommen wurden? „In der Treuhandkasse sind Gelder, die dem Pfarrer zu treuen Händen anvertraut sind, er entscheidet über die Ausgaben“, erklärt der Geistliche. Er habe daraus Bewirtungen für ehrenamtliche Mitarbeiter wie Messdiener, Lektoren oder andere in der Gemeinde Aktive bezahlt. „Immer für kirchliche Zwecke“, betont Schumacher.

Fehler bei Abrechnung eingeräumt

Aber er räumt ein: „Bei Reisen und Hotels habe ich einen Fehler gemacht, ich hätte die Kosten über das Reisekonto abrechnen lassen müssen, das habe ich schlicht vergessen.“ Bei den Kosten sei es um Pilger- und Wallfahrtsreisen oder Teilnahme an Arbeitskreisen gegangen.

Zum Vorwurf, dass Spenden und zweckgebundene Mittel für die Ausgaben im allgemeinen Haushalt ausgegeben wurden, erklärt Schumacher: „Mit Spendeneingängen habe ich nichts zu tun und deshalb auch keine Kenntnis, wo und wie sie verbucht worden sind.“

Schieflage der Kirchengemeinde

Er persönlich habe alles versucht, die Schieflage der Kirchengemeinde zu beseitigen. Im Übrigen gebe es einen Bericht aus dem Jahr 2017, in dem der zuständige Mitarbeiter der Rendantur gegenüber dem Generalvikariat eingeräumt habe, dass er sich nicht in der Lage gesehen habe, Monsignore Schumacher über die Schieflage der Gemeinde zu informieren und ihm die Jahresabschlüsse vorzulegen.

Unchristlich, unseriös und unkollegial

Die Pressemitteilung zu dem 3,5 Millionen-Euro-Schaden habe ihn in der letzten Woche kalt erwischt. „Das Erzbistum hat mich weder vorgewarnt noch informiert – anders als sonst üblich. Ich bin überrascht, dass das Erzbistum während laufender Gespräche so an die Öffentlichkeit gegangen ist. Ich wurde davon völlig überrumpelt und habe den Eindruck, dass ich so öffentlich als Alleinverantwortlicher abgestempelt werden soll. Das ist unchristlich, unseriös und unkollegial.“