BonnSteuer-Schmu in Millionenhöhe: „Zaunkönig“ muss vier Jahre hinter Gitter

Steuer - geblendet

Ali L. (62, l.) mit seinem Bruder (65) und ihren Verteidigern Peter Krieger und Carsten Rubarth beim Prozessauftakt vor dem Bonner Landgericht

von Iris Klingelhöfer (iri)

Bonn/Rhein-Sieg-Kreis – Ali L. (62) ist an seinem Wohnort im Rhein-Sieg-Kreis bekannt wie ein bunter Hund. Ein angeblich erfolgreicher Zaun-Unternehmer, der sich auch sozial engagiert. Umso fassungsloser waren viele, als er Mitte März neben seiner Putzfrau Marta P. (34, Namen geändert) auf der Anklagebank des Bonner Landgerichts Platz nehmen musste.

Vorwurf: bandenmäßige Steuerhinterziehung in Millionenhöhe! Jetzt fiel das Urteil.

Vier Jahre Haft für den „Zaunkönig“

„Zaunkönig“ Ali L. muss laut eines Gerichtssprechers für vier Jahre hinter Gitter, die polnische Putzfrau kam mit 2500 Euro Geldstrafe davon.

Der Unternehmer sei mit hoher krimineller Energie vorgegangen, hieß es in der Urteilsbegründung. Er habe planmäßig ein System geschaffen, um Steuern in erheblichem Umfang zu hinterziehen.

So gründete Ali L. über Strohmänner mehrere Briefkastenfirmen unter anderem mit dem Ziel, billige Metallzäune aus der Türkei mit Preisaufschlag an diese weiterzuverkaufen. Der Effekt war, dass der Gewinn des Angeklagten geringer wurde, er somit weniger Steuern zahlen musste.

Strohmänner kamen aus Polen

Die Putzfrau hatte dazu in Polen die Strohmänner vermittelt – im Auftrag von Ali L., wie sie im Prozess einräumte. Die zum Teil alkoholabhängigen Bauarbeiter reisten nur kurz zur Firmengründung nach Deutschland (hier mehr lesen).

Steuer 1 - geblendet

Marta P. (34) muss sich ebenfalls wegen Beihilfe verantworten, hier mit ihrem Verteidiger Boris Krösing.

Ali L. stellte sich selbst für angeblichen Hungerlohn an

Auch krass: Ali L. hat sich von seiner eigenen Firma anstellen lassen und dabei angeblich nur einen Hungerlohn unterhalb der Pfändungsgrenze verdient. Doch in Wahrheit hatte der Angeklagte wohl jährlich mehrere 100.000 Euro zur Verfügung. 

So konnte er unter anderem Eigentumswohnungen in der Türkei erwerben. Darüber hinaus ist das Gericht überzeugt, dass er seiner Tochter ermöglicht hat, mehrere Grundstücke im Rhein-Sieg-Kreis zu kaufen. 

Bonn: Mitangeklagter Freund war Kronzeuge

Die Verfahren gegen einen mitangeklagten Freund (58) sowie L.s Bruder (65) wurden gegen Zahlung von 5000 beziehungsweise 10.000 Euro eingestellt. Der Freund war Kronzeuge, er hatte umfangreich gegen den „Zaunkönig“ ausgesagt. Der Bruder hingegen war nur Strohmann. 

Laut Gericht hatte der 65-Jährige nichts mit dem Schmu zu tun, außer, dass er seinen Namen hergab. Er wohnt in der Türkei, spricht kein Deutsch.