Beim Fernsehen arbeitenVielfältige Ausbildungsmöglichkeiten auch für Quereinsteiger

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Auch in der Medienstadt Köln sind Fachkräfte für Fernsehproduktionen rar.
Robert Groß ist normalerweise gut verdrahtet. Aber als der Geschäftsführer der Act Videoproduktion vor zwei Monaten kurzfristig einen Aufnahmeleiter für eine WDR-Produktion suchte, wurde es schwierig: „Ich habe mir die Finger wund telefoniert und konnte trotzdem niemanden finden.“ Über einen Personaldienstleister mit Schwerpunkt Medienberufe hat es dann in letzter Minute doch noch geklappt. „Ein Glück“, ist Groß erleichtert. „Die Aufnahmeleiter sind wichtig, bekommen alles auf den Tisch, was bei einem Dreh organsiert werden muss, etwa Locations, Schauspieler oder Requisiten. Ohne sie läuft nichts.“
Der Bedarf ist groß
Verwunderlich: Act hat seinen Sitz in Köln, der „Fernsehhauptstadt“ Deutschlands. Dort sollte es eigentlich kein Problem sein, Arbeitskräfte zu finden. Ist es aber. Von einem „frappierenden Mangel“ spricht Sybille Steinfartz. Sie arbeitet in Köln bei der ZAV-Künstlervermittlung der Arbeitsagentur und ist dort für die Vermittlung der Film und Fernsehschaffenden im Stab/Technik-Bereich zuständig. „Wir haben einen unglaublichen Bedarf in diesen logistisch-organisatorischen Bereichen“, sagt sie. „Teilweise überlegen Produktionen ihre Projekte zu verschieben, weil das benötigte Personal fehlt.“
Problem Mindestlohn
Paradox: Schuld an der Misere soll die Einführung des Mindestlohns sein. Denn früher hat die Branche ihren Nachwuchs über Praktika rekrutiert. Und weil TV-Produktion oft Projektgeschäft ist, waren es meistens mehrere Praktika. Die Einsteiger waren billige Arbeitskräfte, aber nach einer gewissen Zeit fit für gut bezahlte Funktionen. Seit 2015 ist diese Art der Ausbildung nicht mehr möglich, denn für Einsteiger wird nach drei Monaten Praktikum der Mindestlohn fällig. Das können oder wollen die Unternehmen sich nicht leisten.
Quereinsteiger gern gesehen
„Finden, ausbilden und halten“, darin sieht der Geschäftsführer von Warner TV Deutschland René Jamm eine Antwort auf den Fachkräftemangel. Zurzeit werden in seinem Unternehmen 21 Auszubildende als Mediengestalter Bild und Ton, Kaufleute für audiovisuelle Medien sowie Mediengestalter Print und Digital ausgebildet. „Wir bieten auch Quereinsteigern die Möglichkeit, sich in manche Berufsfelder einzuarbeiten“, ergänzt der Film- und Fernsehproduzent. Einer der größten Studiobetriebe Europas, die MMC, beschäftigt 126 Mitarbeitern, darunter 25 Auszubildende, Trainees, Umschüler sowie berufsbegleitende und duale Studenten. Seit 2013 hat das Unternehmen eine Ausbildungsinitiative in Zusammenarbeit mit Hochschulen und privaten Bildungsträgern gestartet. Überhaupt haben sich wegen der Nachfrage inzwischen die akademischen Möglichkeiten vermehrt. Die Internationale Filmschule Köln beispielsweise ist vor17 Jahren überhaupt erst entstanden, weil die Branche über mangelnden gut ausgebildeten Nachwuchs geklagt hatte.
Weiterbildung nötig
Die Möglichkeiten für Fort- und Weiterbildungen jenseits der künstlerischen Medienberufe sind aber immer noch rar gesät. So beschreibt es Vera Schöpfer: „Junge Menschen wollen nach wie vor gerne in Film und Medien arbeiten, dabei ist die Konkurrenz in den Bereichen Kamera und Regie sehr groß, doch es gibt auch andere Berufe, die ebenfalls wichtig und spannend sind, aber nicht so sehr im Fokus stehen.“ Als Geschäftsführerin der Scope Institute organisiert sie einen Weiterbildungskurs zum Aufnahmeleiter in TV und Film, der ab November in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur starten soll.
Unsichere Konditionen
Die Chancen für einen Einstieg angesichts händeringend suchender Sender, Produktions- und Postproduktionsunternehmen sind jedenfalls gestiegen. Aber der vermeintliche Traumjob könnte sich dennoch als Illusion erweisen. Denn Stress, unsichere Arbeitsverhältnisse und immense Überstunden sind besonders bei den Berufen, in denen organisatorische oder logistische Tätigkeiten durchgeführt werden müssen, an der Tagesordnung. In anderen Branchen finden die „TV-Arbeiter“ dann doch bessere Konditionen.