Frau mit Leib und SeeleJulia ist Transgender und lebte 30 Jahre im falschen Körper

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Inzwischen mit Leib und Seele eine Frau: Julia Heidemüller kam als Mann auf die Welt und lebte 30 Jahre so.

Düsseldorf – 30 Jahre lang lebte Julia Heidemüller im falschen Körper. Seit neun Jahren ist sie nun endlich das, was sie in ihrem Inneren eigentlich schon immer war: eine Frau.

Heute hilft sie anderen Transgender-Personen im Weltkonzern „Daimler“.

Mit 30 macht es plötzlich Klick

30 Jahre lang war im Leben von Julia Heidemüller irgendetwas nicht richtig. Irgendetwas fühlte sich wirklich falsch an. Julia Heidemüller wurde als Junge geboren. 1978 in Düsseldorf. „Aber seit ich denken kann, habe ich lieber mit Puppen als mit Autos gespielt. Und Fußball hat mich auch nicht interessiert.“

Aber erst mit 30 macht es Klick: „Ich habe von einer Transgender-Frau gelesen, die von ihrem Leben berichtete. Ich dachte: »Das ist doch gar nicht ihr Leben – das ist meines.«“ Julia Heidemüller suchte sofort nach weiteren Informationen. „Dabei stieß ich auf die Selbsthilfegruppe »Gen-dertreff«“. Es war eine Art Offenbarung.

Julia spielte jahrelang nur eine Rolle

„Endlich traf ich Menschen, denen es genauso ging wie mir. Das war eine regelrechte Befreiung.“ Schnell war ihr klar, dass sie jetzt ihre wahre Identität leben wollte.

Bis dahin hatte sie eine Rolle gespielt: den selbstsicheren Mann, beruflich als IT-Spezialist im Düsseldorfer Sprinter-Werk von Mercedes-Benz erfolgreich. 20 Jahre in einer Beziehung mit einer Frau, sieben Jahre davon verheiratet. „Man lernt, diese Rolle perfekt zu spielen. Niemand hat etwas gemerkt. Nicht einmal meine Schwester.“

„Ich habe alle Fehler gemacht, wie sie auch pubertierende Mädchen machen“

Julia Heidemüller musste auf dem Weg ins neue Geschlecht noch einige Hürden nehmen. Die erste waren diverse Begutachtungen von Psychologen. Erst, wenn die ihr Okay geben, darf das Amtsgericht eine „Personenstandsänderung“ vornehmen. Julia Heidemüller (ihren Geburtsnamen will sie nicht verraten) wurde im Ausweis schon mal zur Frau.

Parallel begann die Hormonbehandlung. Die Fetteinlagerung im Körper ändert sich, Brüste wachsen, die Stimme wird höher. „Das ist so etwas wie eine zweite Pubertät“. Nicht nur körperlich.

„Ich habe alle Fehler gemacht, wie sie auch pubertierende Mädchen machen: zu viel Make-up, zu kurze Röcke. Ich habe jede Modesünde begangen“, sagt Heidemüller lachend.

Mitglied der Transgender-Gruppe des Daimler-Konzerns

Seit 2000 arbeitet sie im Sprinterwerk, begann als Auszubildender. Die Kollegen kannten den Mann, 2009 durften sie die Frau kennenlernen.

Diese Erfahrungen will sie nun weitergeben. Sie ist ein Teil einer Transgender-Gruppe im Daimler-Konzern. „Wir haben letztes Jahr einen konzernweit gültigen Leitfaden für Führungskräfte, Personaler und Betroffene erstellt“, sagt Heidemüller, denn sie ist nicht allein:

Wissenschaftler schätzen, dass sich jeder 250. Mann und jede 500. Frau gefangen im falschen Geschlecht fühlen.

(exfo)