Ausbildung im AuslandLehre in der Ferne

Gewohnte Tätigkeiten, anderes Umfeld

Gewohnte Tätigkeiten, anderes Umfeld

Viele junge Leute nutzen die Chance, während ihres Studiums Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Was viele nicht wissen: Bei einer Ausbildung gibt es ebenso zahlreiche Möglichkeiten, den deutschen Betrieb für ein paar Wochen zu verlassen.

„Noch wird diese Option selten genutzt. Grundsätzlich ist es möglich, bei einer dreijährigen Ausbildung bis zu einem Viertel der Zeit in einem ausländischen Unternehmen zu verbringen“, sagt Alexander Uhr, Leiter des Bereichs Ausbildung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln.

Zahl der Auslandsaufenthalte bis 2017 verdoppeln

Derzeit absolvieren über vier Prozent der deutschen Azubis einen Auslandsaufenthalt, so die Zahl des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB). Ziel der Bundesregierung ist es, diese Zahl bis 2017 zu verdoppeln. Dafür gibt es einige Modelle, erklärt Alexander Uhr. Entweder, und das ist die einfachste Variante, hat das Unternehmen eigene internationale Niederlassungen. Der Vorteil: Aufgabenbereiche und Arbeitsalltag weichen oft nicht stark vom heimischen Betrieb ab. „Diese Möglichkeit bieten meist nur große Unternehmen“, sagt Uhr.

Engagement gefragt

Wer einen Teil seiner Ausbildung im Ausland absolvieren will, braucht viel Engagement. Nicht nur die Abwesenheit im Betrieb muss geregelt werden, sondern dazu die in der Berufsschule. Das Nacharbeiten des Unterrichtsstoffes und das Weiterführen des Berichtsheft

Gibt es keine eigenen Niederlassungen, hilft zum Beispiel die Mobilitätsberatung der IHK Köln. Dort sind internationale Partnerunternehmen verschiedener Branchen gelistet, die bereit sind, deutsche Mitarbeiter aufzunehmen. „Nicht alle Branchen bieten eine große Anzahl solcher Partnerfirmen. In der Gastronomie, im Tourismus oder im Handel ist es in der Regel leicht, fündig zu werden. Bei industriellen Berufen kann es komplizierter werden“, so Uhr. Eine dritte Option ist es, sich bei der Nationalen Agentur für Bildung in Europa beim BIBB zu erkundigen.

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IHK-Prüfungsvorgaben einhalten

Die Azubis müssen, um die IHK-Prüfungsvorgaben einzuhalten, in dem Partnerunternehmen ähnliche Aufgaben und Lernziele bekommen wie im heimischen Betrieb. Ist das gewährleistet, gibt es gute Argumente, die den Chef überzeugen können, den Mitarbeiter für einige Zeit zu entbehren: „Vielen Firmen geht es nicht um zusätzliche Fachkenntnis. Sprachkompetenz ist aber ein ganz wichtiger Faktor“, sagt Bernhard Nink, Studien- und Berufsberater der Kölner Arbeitsagentur. „Zudem kann der Azubi bei einem Auslandsaufenthalt unter Beweis stellen, dass er flexibel, offen und selbstständig ist.“ Kompetenzen, von denen der Arbeitgeber profi tiert. Für den jungen Berufstätigen können sich Perspektiven im eigenen sowie bei Bewerbungen bei anderen Unternehmen ergeben.

Kostenfrage

Zu klären ist im Vorfeld die Finanzierung. Findet das Projekt im Rahmen der Ausbildung statt, wird nach Absprache mit dem Chef zwar weiter das Gehalt gezahlt. Doch häufig brauchen Firmen wie Teilnehmer Unterstützung, insbesondere für zusätzliche Kosten: Flug, Wohnung, Sprachkurse. Ein Fördermodell ist das Austauschprogramm Leonardo da Vinci der EU. Laut Bundesministerium für Bildung und Forschung hat sich die Zahl der Menschen in einer Erstausbildung, die dies nutzen, zwischen 2009 und 2013 auf 20.000 verdoppelt.

„Vielen Azubis ist nicht bewusst, dass sie über das Erasmus-Programm gefördert werden können“, sagt Uhr von der IHK. Neu ist dabei das EU-Programm „Erasmus+“ für Personen in der Ausbildung. Die Höhe des Zuschusses errechnet sich aus den Fahrtkosten, dem Aufenthaltsort, zusätzlichen Sprachkursen und besonderen Bedürfnissen. Den Antrag dürfen nur Unternehmen, berufsbildende Schulen und Bildungseinrichtungen stellen. Zudem bieten große Unternehmen Stipendien an. Technische, naturwissenschaftliche, kaufmännische und Berufe im Gesundheitswesen stehen dabei im Fokus.

Komplette Ausbildung im Ausland?

Etwas kniffelig ist die Organisation, wenn jemand Deutschland für die komplette Lehrzeit verlassen möchte. Doch unmöglich ist es nicht: „Hier bietet zum Beispiel die IHK Aachen verschiedene Modelle an, ein Beispiel wäre eine Ausbildung für Industriekaufleute in Madrid“, so Nink von der Arbeitsagentur.

„Wichtig ist, dass sie nach deutschem Recht abläuft, sonst wird der Abschluss in Deutschland nicht anerkannt. Daher sind es meist deutsche Firmen, die diese Option anbieten.“