Ironman-GigantKölner Jan Frodeno über Karneval, Müll und Hitler-Grüße in Spanien

Jan Frodeno beim Sieg auf Hawaii

Jan Frodeno bejubelt seinen Sieg beim Ironman auf Hawaii.

Köln – Dieser Mann ist ein Phänomen. Jan Frodeno (38) ist der prägende Athlet der Triathlon-Szene seit mehr als einem Jahrzehnt. Der 1,94 Meter große und 76 Kilogramm schwere Sportler wurde am 18. August 1981 in Köln geboren, wuchs in Südafrika auf.

2008 wurde er Olympiasieger, wechselte dann auf die Langdistanz (Ironman: 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Laufen). Hier gewann er 2015, 2016 und 2019 den legendären Wettkampf auf Hawaii (Weltmeisterschaft). Frodeno hält auch die Weltbestzeit mit 7:35:39 Stunden (2016 bei der Challenge Roth). Wir trafen den 38-jährigen in Köln zum großen Interview.

Sie sind jetzt 38 Jahre alt. Viele Konkurrenten sind deutlich jünger. Wie schaffen Sie es, mit Ende 30 so fit zu bleiben? Haben Sie Tipps für uns „Normalos“, wie man sich im Alltag fit hält?

Ich sehe das Alter eher als Motivation, dem Ganzen zu trotzen. Wenn alle sagen „Da kommt wieder der alte Sack“ (lacht) motiviert mich das nur noch mehr. Aber mir ist klar, dass ich nur einen Körper habe und um den muss ich mich gut kümmern. Das heißt nicht, dass ich nur Grünkohl esse und stilles Wasser trinke. Ich versuche, ein gesundes Maß an Bewegung und Ernährung zu finden und vor allem, Stress zu vermeiden. Das ist mein Erfolgsrezept.

Sie haben gesagt, Sie duzen sich mittlerweile mit ihrem „inneren Schweinehund“.  Wie schaffen Sie es, sich immer wieder zu motivieren und morgens um 5 Uhr aufzustehen und zu trainieren?

Mittlerweile weiß ich, dass ich nach dem Sport IMMER gut drauf bin. Einfach, weil ich es durchgezogen habe. Selbst wenn es draußen mal regnet oder kalt ist oder beides:  Nach dem Sport fühlt sich jedes Getränk, jedes Essen und jede Minute auf der Couch einfach viel besser an. Es lohnt sich also, sich aufzuraffen – das mache ich mir immer wieder klar.

Haben Sie schon einmal ein Training „geskipped“ – also gefaulenzt?

Früher ganz oft! Da habe ich ab und zu die ein oder andere Sporteinheit gekürzt oder sogar ausfallen lassen. Mittlerweile weiß ich aber, dass ich diese Leistungen nicht mehr ewig bringen kann. Heute koste ich deshalb die halbe Stunde, die ich häufig extra hinten dran hänge, besonders aus.

Am Montag ist der 11.11: Karneval in Köln! Sie sind gebürtiger Kölner, leben aber schon seit einiger Zeit in Spanien. Haben Sie noch einen Bezug zu Karneval oder feiern sogar den Sessionsstart?

Karneval ist meine allererste Kindheitserinnerung.  Ich war zwar schon ewig nicht mehr im Karneval unterwegs, trotzdem ist es jedes Jahr ein gesetztes Datum in meiner Familie. Meine Eltern haben lange in Köln gelebt und schicken immer noch jedes Jahr am 11.11. um 11:11 Uhr eine Rundmail an die Familie: Dann weiß ich, dass hier wieder gefeiert wird!

Könnte Karneval wieder zum Thema werden, wenn Ihre beiden Kinder (1 und 3) etwas älter sind?

Wenn Luca (3) das sieht, ist der auf jeden Fall begeistert und sofort beim Karneval dabei. Im Moment will er aber nur Baggerfahrer sein (lacht).

Vor ein paar Jahren war Alkohol für Sie noch ein absolutes No-Go. Mittlerweile gönnen Sie sich ab und zu ein Glas Bier oder Wein. Was hat sich geändert?

Alkohol in Maßen ist absolut okay. Da ist auch für mich ab und zu ein Bierchen am Abend oder ein Glas Wein drin. Auch ich habe an einem heißen Sommertag nach einer fünfstündigen Rad-Einheit Lust auf ein kaltes Bier. Mittlerweile gönne ich mir das auch. Es würde mich nämlich viel mehr Energie kosten, es mir zu verbieten, als es dann einfach zu trinken.

Thema Politik: Sie leben mit der Familie in Spanien. In Deutschland hat sich politisch in den vergangen Jahren viel getan. Wie schätzen Sie die Situation bei uns ein?

Politik hat mich schon immer sehr interessiert. Auch in Spanien und Katalonien ist die Situation sehr angespannt. Aber was in Deutschland im Moment abgeht – dieser „Rechtsruck“, von dem alle sprechen – der ist in Spanien selbstverständlich. Hier wird kaum darüber gesprochen. Letzte Woche gab es in Madrid ein Treffen einer politischen Partei, bei dem 400 Menschen an einem öffentlichen Platz ein Lied gesunden haben und dabei den Hitler-Gruß gezeigt haben. Da fällst du rücklinks vom Stuhl, wenn du so etwas hörst. Aber das wird hier nicht geahndet, das ist auch keine Straftat. Wenn ich solche Bilder sehe, mache ich mir natürlich auch Sorgen, dass so etwas auch in Deutschland bald Realität werden könnte.

Thema Umwelt: Sie schwimmen und trainieren viel im offenen Meer. Sind Sie da schon einmal mit Plastik oder Müll in Kontakt gekommen?

Wenn ich im Mittelmeer trainiere oder schwimme, sind immer meine Frau oder ein Kumpel mit dem Stand Up Paddle Board dabei. Wir nehmen grundsätzlich jeden Müll mit, den wir unterwegs finden. Gerade im Sommer kommt da an manchen Tagen echt einiges zusammen. Das krasseste habe ich in Seoul (Südkorea) erlebt, als ich durch den Stadtfluss geschwommen bin. Was da alles an Müll, Abfall und Plastik rumschwamm, war einfach unglaublich. Das Wasser war tiefbraun und stank wie die Hölle. Aber wenn du gewinnen willst, weißt du: Da musst du jetzt durch. Und wenn ich fürs Training draußen auf den Straßen oder im Wald unterwegs bin, finde ich überall Müll – egal wo ich bin. Selbst wenn ich auf einer Strecke laufe, auf der schon seit Wochen niemand mehr war, liegt immer irgendeine Verpackung oder eine Cola Dose rum. Da kriege ich echt das Kotzen!

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Thema Preisgeld: Wer kümmert sich zu Hause um das Geld?

Das hat Gott sei Dank meine Frau übernommen. Wir haben einige Firmenbeteiligungen und Immobilien, um für die Zukunft vorzusorgen. Ich versuche immer mit dem Geld so viele Projekte wie möglich zu realisieren, die mir Spaß machen. Meine Frau managt das Konto und ich manage das Ausgeben (lacht).