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Sabine Kehm über Schumi„Menschen taten sich schwer, ihn kennenzulernen“

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2004: Michael Schumacher mit Sprecherin Sabine Kehm in Indianapolis

von Oliver Reuter (reu)

  • Michael Schumacher verkörpert die typischen deutschen Eigenschaften.
  • Menschen taten sich schwer, ihn kennenzulernen.
  • Schumi: „Muss ich erst demonstrativ zeigen, dass ich Gefühle habe, damit sie mir abgenommen werden?“

Michael Schumacher (49) und Sabine Kehm (53), sie waren das Erfolgs-Gespann in Rot. Gleich in ihrem ersten Jahr als Pressesprecherin 2000 brachte die Ex-Journalistin Glück: Schumi wurde im fünften Anlauf Weltmeister im Ferrari. Vier weitere Titel folgten, bis er 2006 zurücktrat. Nach seinem Comeback 2010 im Mercedes löste Kehm Willi Weber (76) als Manager ab, nach Schumis tragischem Skiunfall Ende 2013 kümmert sie sich auch um Sohn Mick Schumacher (19) und die Familien-Stiftung „KeepFighting“.

Von Sabine Kehm

Leidenschaftlich, großzügig, respektvoll. Aber auch kämpferisch, willensstark, rücksichtslos in der Sache.

Alles zum Thema Michael Schumacher

Attribute wie diese formen einen komplexen Menschen, und sie heben sich keinesfalls gegenseitig auf. Sie sind in ihrer Dualität vielmehr Ankerpunkte einer Persönlichkeit, die über ein Vierteiljahrhundert hinweg den Motorsport beispiellos dominiert hat.

Michael Schumacher ist der Inbegriff des perfekten Rennfahrers, technisch brillant, fachlich fundiert, mental unglaublich stark und athletisch richtungsweisend. Der Rekord-Weltmeister, der Beste aller Zeiten. Vielleicht fasziniert und inspiriert die Rennsport-Legende gerade wegen dieser Bandbreite an Eigenschaften die Menschen weiterhin.

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Unwahrscheinlich lern- und anpassungsfähig

Michael Schumacher verkörpert die typischen deutschen Eigenschaften, war immer treu, zuverlässig, pflichtbewusst, sachgetrieben. Er wurde gefeiert dafür, wie unwahrscheinlich lern- und anpassungsfähig er war, wie schnell er sich ändern, wie schnell er mitwachsen konnte an neue Bedingungen, neue Regularien, neue Generationen.

Was im technisch-sportlichen Bereich als vorbildlich gepriesen wurde, wurde ihm im menschlichen Bereich jedoch zuweilen abgesprochen. Mit der gleichen Akribie nämlich, mit der er seine professionelle Entwicklung vorantrieb, schirmte er seine private Seite und seine Familie vom öffentlichen Leben ab – und nahm dabei bewusst in Kauf, dass sich die Menschen folgerichtig schwer damit taten, ihn kennenzulernen.

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„Muss ich erst demonstrativ zeigen, dass ich Gefühle habe?“

Und so standen sie gerade anfangs der Karriere im Raum, die Attribute, die so gut auf diesen Vorzeige-Deutschen zu passen schienen, der selbst schuld war, sie nicht korrigieren zu wollen: eine gefühllose Maschine sei er, ein gnadenloser Perfektionist. Weil es nicht seine Art war, in der Öffentlichkeit seine Gefühle zu zeigen, wurden sie ihm kurzerhand abgesprochen.

Mit dieser Beweislast, wie er sie empfand, hat Michael in all seinen öffentlichen Jahren immer gefremdelt. „Muss ich erst demonstrativ zeigen, dass ich Gefühle habe, damit sie mir abgenommen werden?“, hat er oft gefragt, und meist gleich die Antwort gegeben: „Das ist heuchlerisch.“

Michael hinterfragte sich als Person

Viele Beurteilungen von Außenstehenden speisten sich aus den Anfangsjahren, in denen er unsicher war und sich abkapselte aus der Angst heraus Fehler zu machen. Schließlich gab es vor ihm keinen deutschen Formel-1-Helden, von dem er lernen konnte, wie man Fettnäpfchen vermeidet. Sebastian Vettel hatte es da etwas leichter.

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Michael jedoch hinterfragte sich als Person ebenso wie seine Leistungen und bildete sich so nicht nur sportlich, sondern auch persönlich enorm weiter. Denn eine Schlüsselfigur in einem solch komplexen und komplizierten Gebilde wie Ferrari wird man nicht mit Siegen allein.

Seine Mechaniker fühlten sich zu Recht gewertschätzt

Das wird man vor allem, wenn man ein begeisterter Teamplayer ist. Michael zelebrierte das Wir-Gefühl, auch wenn sein Wort immenses Gewicht hatte. „Am liebsten sitze ich in der Garage und schaue den Mechanikern bei der Arbeit zu“, sagte der gelernte Kfz-Mechaniker einmal – und seine Mechaniker fühlten sich zu Recht gewertschätzt. Der große Nachteil an der Formel 1 sei, so sagte Michael einmal, nicht mehr selbst am Auto herumschrauben zu können wie früher am Kart.

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Es wird gerne vergessen, dass Michael Schumachers Wurzeln dort liegen, einer Kartbahn in einer Kiesgrube außerhalb des Dorfes Kerpen-Manheim. Wenn die Herkunft einen prägt, dann in Michaels Fall so, dass er immer glaubte liefern zu müssen.

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Denn bis kurz vor seinem unerwartet möglich gemachten Formel-1-Einstieg war dies seine Lebenserfahrung: Weil die Familie Schumacher nicht die finanziellen Mittel hatte, um die Rennsportkarriere ihres Sohnes zu unterstützen, war er von Kindheit an auf Gönner angewiesen. Keine Leistung, keine Chance, so einfach war das.

Die Menschen erkannten, dass er nicht nur der kompromisslose Fighter war

Michael Schumacher lernte früh, dass Resultate über allem standen. Und bevor er die nicht geliefert hatte, erlaubte er sich keine Ablenkungen. Zumindest nicht auf den Rennstrecken.

Das änderte sich erst im Herbst seiner Karriere, in den Formel-1-Jahren mit Mercedes. Da hatten die Menschen längst erkannt, dass er mehr war als der kompromisslose Fighter auf den Rennstrecken dieser Welt, den sie bewunderten. 

Hatten sie ihn früher in ihr Herz geschlossen, weil er ihren geheimen Traum von Erfolg und Reichtum lebte, schien die Bringschuld zuletzt abgetragen und die Hingabe der Menschen bedingungslos.