Lost TracksFormel-1-Krise: Geht das Streckensterben weiter?

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Raste Sebastian Vettel letztmals in seinem Ferrari durchs Motodrom von Hockenheim?

von Oliver Reuter (reu)

Nürburg/Hockenheim – Die Formel 1 geht wegen der Corona-Krise schweren Zeiten entgegen. Der langjährige Geschäftsführer Bernie Ecclestone (89) glaubt wegen der acht abgesagten Grands Prix schon nicht mehr an eine Durchführung der Saison.

Bernie Ecclestone fordert Saison-Abbruch

„Ich sehe nicht, wie es möglich sein soll, in diesem Jahr auf die notwendige Anzahl an Rennen zu kommen“, sagt der Brite und fordert: „Wir sollten die Saison dieses Jahr beenden und nächstes Jahr hoffentlich neu starten.“

Ferrari-Boss Mattia Binotto hofft weiter auf Saisonstart

Sebastian Vettels Ferrari-Teamchef Mattia Binotto (50) hingegen hält einen Saisonstart vielleicht noch im Juli für nicht ausgeschlossen. Die Frage sei angesichts der Coronavirus-Krise sei „sehr schwierig“ zu beantworten, meinte Binotto im Interview des englischen TV-Senders Sky.

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Die Formel 1 versuche aber ganz sicher die bestmögliche Saison zu organisieren, „vielleicht mit einem Beginn früh im Juli, falls das möglich sein würde“, sagte er weiter. „Ich denke, dass wir Ende Mai ein klareres Bild haben werden.“

Das Problem: Viele der zehn Rennställe sind schon jetzt in Kurzarbeit und bangen um ihre Existenz. Und auch die Streckenbetreiber drohen in die Pleite zu schlittern, wie der Austin-Besitzer schon andeutete.

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Nürburgring und Hockenheimring chancenlos

Um Deutschland macht die Formel 1 ja ohnehin einen Bogen. Die Rennstrecken Nürburgring und Hockenheimring haben trotz Investitionen Hunderter Millionen Euro für fragwürdige Umbauten keine Chance, sich im internationalen Wettbewerb gegen die subventionierten Pisten von Abu Dhabi bis Zandvoort zu behaupten. Autorennen haben im Autofahrerland Deutschland keine Lobby mehr.

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Gibt es bald noch mehr „Lost Tracks“? Denn vergessene Pisten gibt es überall auf der Welt und auch in Deutschland: wie die Berliner AVUS, Nürburgring-Südschleife oder Solitude bei Stuttgart. Hier gab es legendäre Rennen, doch heute rast nur noch die Zeit über den Asphalt und das Gras wächst darüber.

Jochen Mass erinnert an die Lost Tracks

Der frühere Formel-1-Pilot Jochen Mass (73) ist auf ihnen gefahren und begibt sich mit uns auf Zeitreise.

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Mass sagt über ...

...die Südschleife: „Ich fand’ die Strecke toll. Der Eingang war spannend, die abfallende Linkskurve in der Südkehre. Gut ausbremsen konnte man vor der Müllenbachkurve und vor ,Scharfe Kopf’. Ich bin auf der Südschleife mit der Formel 3 gefahren und 1969 in einem GTA 1300er. Da hatte ich ’nen Spaß, obwohl ich leider ausgefallen bin, weil ich auf ein liegengebliebenes Auto aufgefahren bin. Es gab ja keine Flaggen, man musste blind in die Kurven reinfahren. Da wurde ich zum Rennleiter Alfred Schatz zitiert, der raunzte: So fährt man nicht. Ich sagte: Wieso? Ich dachte wir fahren hier Rennen.“

... die Avus: „Die bin ich mal im Porsche-Cup gefahren. Allerdings fand ich die später ohne Steilwand einigermaßen charakterlos. Auf der fuhr man ja einen Schnitt von 340. Null Sicherheitsvorkehrungen, man fuhr praktisch mit Vollgas in den Himmel. Die spätere DTM-Version war unspektakulär, reines Windschattenfahren. Mit ein paar Retuschen hätte man die Avus erhalten können, aber sie passte einigen offenbar nicht mehr ins Stadtbild.“

...die Solitude: „Eine richtig schöne Bergrennstrecke. Die bin ich nie im Rennen, nur mal privat abgefahren. Sie hat viele Schlängelkurven wie die beim berüchtigten Glemseck. Man hat versucht, die Solitude neu zu beleben, aber das Revival ist mehr Volksfest als Rennen.“

...den alten Sachsenring: „Das war eine gute Motorradstrecke, die ich im Auto mal mit Kunden abgefahren bin. Viele, fast zu enge Kurven und ein paar superschnelle Ecken, die einigen zu gefährlich wurden.“