Aus der Ferrari-TraumVettel erklärt Trennung und redet schon vom Karriereende

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Zu viele Zweifel: Sebastian Vettel und Ferrari gaben ihre Trennung zum Saisonende bekannt.

von Oliver Reuter (reu)

Maranello – Das Ende eines roten Traums: Für Sebastian Vettel (32) endet das Kapitel Ferrari wie befürchtet schon nach der Saison 2020. Nach den gescheiterten Vertragsverhandlungen mit Teamchef Mattia Binotto (50) gaben beide Seiten das Ende ihrer Partnerschaft zum Saisonende bekannt.

Nun beginnt am 5. Juli in Spielberg Vettels Abschiedstournee als Helfer seines Ferrari-Feindes Charles Leclerc (22), die im Formel-1-Rücktritt enden könnte.

„Das Team und ich haben gemerkt, dass es nicht mehr den gemeinsamen Wunsch gab, über das Ende dieser Saison zusammenzubleiben“, lässt sich Vettel in der Ferrari-Mitteilung zitieren. Es sei die beste Entscheidung für beide Seiten, findet auch Binotto.

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Ferrari-Teamchef brüskierte ihn mit Witz-Angebot

Der Teamchef setzt seit Mitte letzten Jahres voll auf seinen neuen Liebling Charles Leclerc (22) und hatte dem degradierten Vierfach-Weltmeister Vettel zunächst ein Witz-Angebot (nur ein Jahr und ein Drittel des Gehaltes) gemacht, später angeblich spärlich nachgebessert.

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Doch Vettel wollte am liebten wieder einen Drei-Jahres-Vertrag und beharrte: „Jetzt bin ich zwar älter, ich fühle mich jedoch nicht alt.“ Ihm ging es vor allem um eine längere Laufzeit, nicht ums Geld.

Das betont er jetzt erneut: „Finanzielle Gründe haben bei dieser gemeinsamen Entscheidung keine Rolle gespielt. So denke ich nicht, wenn es darum geht, bestimmte Entscheidungen zu treffen, und das wird auch niemals so sein.“

Ferrari-Vertrauensbrüche haben Vettel zermürbt

Dafür gibt er einen Hinweis, dass ihn Enttäuschungen und Vertrauensbrüche bei Ferrari zermürbt haben: „Um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen, ist es für alle Beteiligten wichtig, in perfekter Harmonie zu arbeiten. Was in den letzten Monaten passiert ist, hat viele von uns dazu gebracht, über unsere echten Prioritäten im Leben nachzudenken. Man muss seine Vorstellungskraft einsetzen und einen neuen Ansatz für eine Situation wählen, die sich geändert hat.“

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Eigentlich war er 2015 nach Maranello gekommen, um den seit 2007 titellosen Rennstall wieder stolz zu machen und es so seinem Idol Michael Schumacher (51) gleichzutun.

Sebastian Vettels Ruf bekam Kratzer

Doch bei teils selbst verschuldeten Niederlagen gegen Mercedes und Lewis Hamilton (35) erlitt sein Ruf schon tiefe Kratzer. Und im Vorjahr wurde Vettel von Leclerc geschlagen und von Binotto degradiert. Der gab dem Monegassen Narrenfreiheit und einen Fünf-Jahres-Vertrag.

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Charles Leclerc will nicht der Königsmörder sein

Doch Leclerc will nicht als Königsmörder dastehen, sagt über Vettel: „Wir hatten einige angespannte Momente auf der Strecke. Einige sehr gute und andere, die nicht so endeten, wie wir es beide wollten. Aber es gab immer Respekt, auch wenn es von außen nicht so wahrgenommen wurde.“ Wer’s glaubt!

McLaren und Renault haben Interesse

Nach der verkündeten Trennung wird Vettel endgültig zum Leclerc-Helfer und keine letzte Chance auf den ersehnten Titel mit Ferrari erhalten. Wie es mit ihm 2021 weitergeht, ist offen. Ein Cockpit-Tausch mit Mercedes-Weltmeister Hamilton gilt wegen dessen und Leclercs Nummer-eins-Status als unrealistisch.

Interesse an Vettel haben Renault und McLaren. Dessen deutscher Teamchef Andreas Seidl (44) kennt Vettel noch aus BMW-Zeiten und will 2021 mit Mercedes-Motoren den Titel angreifen.

Vettel: Cockpit-Tausch mit Sainz oder Rücktritt

Seidl sagt: „Wenn ein mehrfacher Weltmeister wie Sebastian auf dem Markt ist, muss man sich damit beschäftigen.“ Eigentlich plante er nach der Verlängerung mit Jungstar Lando Norris (20) auch mit Carlos Sainz jr. (25), doch nun ist auch ein Cockpit-Tausch mit Vettel denkbar. Sainz kam bei Red Bull auch mit Heißsporn Max Verstappen (22) klar und könnte mit Leclerc ein unfallfreies Ferrari-Duo bilden.

Bei Vettel riecht es dagegen eher nach Karriereende, wie es ihm sein Red-Bull-Rivale Mark Webber (43) schon prophezeite. Der Familienvater, der mit Frau Hanna inzwischen drei Kinder hat, sprach schon öfter vom Rücktritt.

Sebastian Vettel: Glücklicher im heimischen Garten?

Danach hört es sich auch jetzt an. Vettel sagt: „Ich werde mir die Zeit nehmen, um darüber nachzudenken, was für meine Zukunft wirklich wichtig ist.“

Er könnte zu der Erkenntnis gelangen, dass er im heimischen Garten mit seinen Kindern glücklicher ist als auf der Rennstrecke.