Aus der Kerpener Kiesgrube auf Schumis ThronHamilton kurz vor der glorreichen Sieben

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Mercedes-Pilot Lewis Hamilton, hier nach dem Großen Preis von Portugal am 25. Oktober 2020 in Portimao, steht kurz vor seinem siebten Titel in der Formel 1.

von Oliver Reuter (reu)

Istanbul – Es war der 26. Oktober 2001, als Lewis Hamilton (35) zum ersten Mal Michael Schumacher (51) begegnete. Bei der Kart-WM in der alten Kerpener Kiesgrube fuhr das junge englische Talent hinter dem großen Ferrari-Weltmeister, der als Gaststarter auf seiner Heimstrecke mitfuhr, her.

Damals träumte Hamilton noch von der Formel 1. Heute, 19 Jahre danach, kann der Brite beim Türkei-GP (Sonntag, 11.10 Uhr, RTL & Sky), mit seinem siebten WM-Titel Schumi einholen.

Hamilton steht kurz vor der glorreichen Sieben

In Kerpen war an so eine Erfolgsgeschichte nicht zu denken. Der 16-jährige Lewis war mit Vater Anthony, Stiefmutter Linda und Bruder Nicholas, der an Kinderlähmung litt und im Rollstuhl saß, im Fahrerlager.

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Schon damals war zu erkennen, dass Lewis Hamilton ein ganz großer Fahrer werden könnte. Hier gemeinsam mit Stiefmutter Linda und Bruder Nicholas am 26. Oktober 2001 in Kerpen. 

Papa Anthony, aus Grenada eingewandert, war Bahnarbeiter und hatte drei weitere Jobs, um Lewis das Kartfahren zu ermöglichen. Hamilton erinnert sich: „Wir hatten nichts, aber wir haben an unseren Traum geglaubt.“

Als englischer Jugendmeister brachte sich Lewis bei einer Ehrung selbst bei McLaren-Boss Ron Dennis (73) ins Gespräch: „Eines Tages werde ich für ihr Team fahren.“

Der erfolgreichste Teamchef aller Zeiten holte den ehrgeizigen Burschen in sein Mercedes-Benz-McLaren-Kart-Team. Hamilton fuhr neben Weltmeister-Sohn Nico Rosberg (35), sie wurden Freunde. Erst 13 Jahre später, als Rivalen im Formel-1-Team, wurden sie zu den „Silberfeinden“.

Rosberg-Vater erkannte Hamiltons Talent

Vater Keke Rosberg (71) war damals auch auf dem Erftlandring. Er sagte EXPRESS: „Die beiden Jungs haben das Talent für die Formel 1. Nico muss ich allerdings oft in den Hintern treten, damit er aus dem Quark kommt. Lewis ist ehrgeiziger. Ich sage ihnen, er wird der erste Schwarze in der Formel 1.“

Auch Schumi war damals angetan von Hamiltons Talent. Sechs Jahre später debütierte er in der Formel 1, düpierte direkt Weltmeister Fernando Alonso (39) und Schumi schwärmte: „Er ist ein sehr talentierter Fahrer. Für mich ist es nicht überraschend, dass er so schnell ist, eher dass er dabei so konstant ist in so jungen Jahren.“

Hamilton könnte nächsten Schumi-Rekord brechen

13 Jahre später hat Hamilton schon viele Schumi-Rekorde gebrochen: Bei Siegen (93:91), Pole-Positions (97:68) und Podestplätzen (162:155) baut er seinen Vorsprung weiter aus. Nun ist er auch beim 7. Titel auf dem Sprung auf Schumis Thron.

Das kommt ihm immer noch unwirklich vor: „Ich habe zu Michael als Kind aufgeschaut und seine Rennen verfolgt. Ich hätte nie davon geträumt, dass ich auch nur in die Nähe von ihm komme. Ich wäre unglaublich stolz, mit einer Ikone wie Michael gleichzuziehen.“

Dafür muss er vier Rennen vor Schluss bei 85 Punkten Vorsprung auf Edelhelfer Valtteri Bottas (31) nur vor dem Finnen ins Ziel kommen bzw. danach 78 Punkte mehr haben. Eigentlich nur Formsache, der Brite ist auch der Effizienz-Meister und holt fast immer das Maximum aus Auto und Rennen heraus.

Der letzte Ausfall des Briten ist lange her

Hamilton hat jetzt in 45 Rennen in Serie gepunktet, sein letzter Ausfall war am 1. Juli 2018 in Spielberg (Benzindruck-Defekt). Seither siegte der Nimmersatt 28-mal. Imposant!

Doch etwas ist anders kurz vor der glorreichen Sieben. Hamilton, das farbige Bahnarbeiterkind aus Stevenage, nutzt seine Erfolge auch für den Kampf um mehr Gleichberechtigung: „Der Fahrertitel hat nicht unbedingt Auswirkungen auf das Leben der Menschen. Der Versuch, die Bedingungen für Menschen auf der ganzen Welt zu verbessern – gleiche Menschenrechte zu schaffen – ist für mich das Wichtigste.“