Dank CoronaFormel-1-Boss bestätigt: Hockenheim-Comeback im Sommer rückt näher

Hockenheimring

Der Hockenheimring ist traditionell Schauplatz des Großen Preises von Deutschland.

von Oliver Reuter (reu)

Hockenheim – Das Formel-1-Comeback des Hockenheimrings rückt immer näher. Formel-1-Boss Chase Carey (66) sieht sich in Gesprächen über die Austragung eines Deutschland-GP als Geisterrennen und Ersatz für wegen der Corona-Krise abgesagte Grands Prix schon auf der Zielgeraden.

„Wir sind im fortgeschrittenen Stadium eines Plans für weitere Rennen in Europa bis in den frühen September, inklusive Rennen während der eigentlichen Sommerpause im August“, sagte der US-Amerikaner bei einer Videokonferenz mit Investoren.

Hockenheim als Ersatz für Spa, Monza oder Zandvoort

Der Statthalter des unter Finanzdruck geratenen Rechteinhabers Liberty Media braucht mindestens 15 Rennen, um die im Concorde Agreement zugesicherten TV-Millionen kassieren zu können.

Und weil neben den bereits abgesagten Rennen in Shanghai und Monaco nun auch Spa, Zandvoort und Monza wegen der Coronavirus-Pandemie wackeln, wird eine Hockenheim-Rückkehr immer wahrscheinlicher.

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„Wir werden alle Optionen prüfen“, bestätigt Carey, nicht nur mit den aktuellen GP-Veranstaltern zu sprechen. Er umreißt das Anforderungsprofil: „Wir haben zwei wesentliche Herausforderungen: Wir müssen Orte finden, wo wir ein Rennen austragen können, und wir müssen sicherstellen, wie wir alle Beteiligten und ihre Ausrüstung dorthin transportieren können.“

Deutschland-GP in der gestrichenen Sommerpause?

All dies erfüllt der Hockenheimring mit seiner logistisch günstigen Lage. Nach dem WM-Start am 5. und eventuell 12. Juli in Spielberg/Österreich sowie weiteren Geisterrennen in Silverstone (19./26. Juli) und Budapest (2./9. August) könnte ein Deutschland-GP in der gestrichenen Sommerpause ausgetragen werden.

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Hockenheimring bereit für ein Geisterrennen

Auch Hockenheim-Chef Jorn Teske (52) bestätigt gegenüber EXPRESS: „Ich kann die Gespräche mit der Formel 1 bestätigen. Angesichts der corona-bedingten Auswirkungen auf die jeweiligen Veranstaltungskalender wurde auch über die Idee gesprochen, ob ein Formel-1-Rennen ohne Zuschauer, ein sogenanntes Geisterrennen, am Hockenheimring stattfinden könnte.“

Teske geht ins Detail: „Voraussetzungen dafür sind an erster Stelle natürlich die Aspekte der Sicherheit und das Einhalten aller dann gültigen Verordnung im Hinblick auf Covid-19. Daneben sind natürlich, und das gilt ganz besonders in diesen Zeiten, die finanziellen Effekte, die ein solches Rennen mit sich bringen würde von größter Bedeutung.“

Doch diesmal sitzt er bei den Verhandlungen am längeren Hebel. Musste er im Vorjahr noch als Prokurist mithilfe von Titelsponsor Mercedes (drei Millionen Euro) eine zweistellige Millionensumme Antrittsgebühr bezahlen, kann er nun von Liberty Media eine Streckenmiete verlangen.

Hockenheimring-Chef hofft auf adäquate Erträge

„Es liegt auf der Hand, dass das bislang gängige Modell einer millionenschweren Antrittsgebühr mit einer Refinanzierung durch den Ticketverkauf keine Anwendung finden kann“, bekräftigt Teske. „In einem Jahr, in dem massive Umsatzeinbußen zu verkraften sind, muss unsere Zielsetzung sein, auch mit der Formel 1 adäquate Erträge zu erwirtschaften. Ob und wie dies zu realisieren ist, müssten weitere Gespräche zeigen.“

Doch wie Carey sieht er gute Chancen: „Es ist offensichtlich, dass wir viele Eigenschaften wie unsere jahrzehntelange Erfahrung, die FIA-Grade-1-Zertifizierung, Flexibilität im Hinblick auf Terminkalender und natürlich Zuverlässigkeit mitbringen, die uns als Formel-1-Rennstrecke qualifizieren.“

Nur 2000 Menschen bei Geisterrennen

Streckenchef Jochen Nerpel (36) sieht den Hockenheimring für ein Formel-1-Rennen im Sommer bereit: „Innerhalb von einer Woche wäre für uns die Ausrichtung in einer deutlich abgespeckten Version machbar." Bei den Geisterrennen in Spielberg plant die Formel 1 nur mit 2000 Menschen auf und an der Strecke.

Formel 1 fehlen 200 Millionen Euro

Fakt ist: Formel-1-Rechteinhaber Liberty Media braucht dringend Rennbetrieb und frisches Geld. Der US-Konzern musste nach dem ersten Quartal einen Einnahmeverlust von über 200 Millionen Euro (84 Prozent weniger) bekanntgeben. Damit fließt den zehn Team viel weniger Geld zu und verschärft die prekäre Situation der Rennställe weiter.

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Claire Williams fürchtet eine Insolvenz

Die chronisch klamme Teamchefin Claire Williams (43) fürchtet ohne genug Rennen bereits eine Insolvenz. „Das Finanzmodell, das wir in unserem Sport haben, bedeutet, dass wir alle so sehr auf das Geld angewiesen sind, das wir aus den Ergebnissen erhalten, die wir in der Konstrukteurswertung erzielen“, sagt die Tochter von Teamgründer Sir Frank Williams (78).

Claire Williams befürchtet einen Exodus: „Es ist beängstigend, dass wir nicht nur ein oder zwei Teams verlieren könnten, sondern schrecklich viele Teams, wenn wir nicht wieder Rennen fahren.“