Spieler-Proteste gegen RassismusSanktionen? FIFA gibt DFB klare Empfehlung

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Weston McKennie (r.) trug am linken Oberarm die politische Botschaft.

Gelsenkirchen – Spielerisch gehörte Weston McKennie (21) am Samstag bei der 0:1-Heimniederlage gegen Werder Bremen (hier lesen Sie mehr) zu den schlechtesten Spielern der Königsblauen. Nach einem Ellbogenschlag gegen Osako (30) hätte er zudem die Rote Karte sehen können. Dafür bekam der Fußballprofi für eine andere Aktion viel Lob. Der 21-Jährige hat im Geisterspiel nach der Halbzeitpause seine Unterstützung für den in den USA bei einem brutalen Polizeieinsatz gestorbenen George Floyd gezeigt.

Weston McKennie trug Binde mit Botschaft „Justice for George“

McKennie trug in der zweiten Halbzeit am linken Oberarm eine Binde mit der Aufschrift „Justice for George“ (Gerechtigkeit für George). Am Sonntag zogen gleich drei Spieler nach. Marcus Thuram von Borussia Mönchengladbach fiel bei seinem Torjubel gegen Union Berlin (4:1) auf die Knie, Jadon Sancho und Achraf Hakimi von Borussia Dortmund zeigten nach ihren Treffern beim 6:1-Sieg gegen den SC Paderborn Botschaften auf Shirts unter ihren Trikots. Weil Sancho sein Jersey im Gegensatz zu Hakimi sogar auszog, gab es dafür schon während des Spiels die Gelbe Karte.

DFB befasst sich mit der Angelegenheit

Der DFB muss nun entscheiden, ob es Strafen für die Spieler gibt, oder nicht.

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Denn Grundätzlich ist es den Spielern nicht erlaubt, politische Botschaften auf der Spielkleidung zu tragen. „Der Kontrollausschuss des DFB wird sich im Laufe der nächsten Tage dieser Angelegenheit annehmen und den Sachverhalt prüfen“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Anton Nachreiner.

Protest sanktionieren? FIFA gibt klare Empfehlung an Verbände

Vom Weltverband FIFA gab es am Dienstag bereits eine klare Empfehlung, dass Proteste und Solidaritätsbekundungen von Fußballern im Zusammenhang mit dem Tod Floyds keine Strafen nach sich ziehen sollten. Zwar obliege die Sanktionierung den jeweiligen Organisatoren der Wettbewerbe, diese sollten jedoch dabei „gesunden Menschenverstand“ walten lassen und die Umstände berücksichtigen, teilte die FIFA mit. Der Weltverband habe „volles Verständnis für die tiefen Gefühle und Sorgen, die viele Fußballer angesichts der tragischen Umstände des Falls George Floyd zum Ausdruck gebracht haben“.

FIFA-Boss Infantino: „Die Demonstrationen in der Bundesliga verdienen Applaus"

FIFA-Präsident Gianni Infantino (50) erklärte sogar: „Um Zweifel zu vermeiden: In einem FIFA-Wettbewerb würden die jüngsten Demonstrationen von Spielern in der Bundesliga einen Applaus verdienen und keine Bestrafung. Wir alle müssen Nein zu Rassismus und jeglicher Form von Diskriminierung sagen. Wir alle müssen Nein zu Gewalt sagen. Jeder Form von Gewalt.“

Weston McKennie erklärt Gründe für Protest via Twitter

McKennie hatte seine Motivation hinter der Aktion via Twitter erklärt. „Meine Plattform nutzen zu können, um auf ein Problem aufmerksam zu machen, das schon seit Langem besteht, fühlt sich gut an!“, schrieb er. „Wir müssen für das einstehen, woran wir glauben, und ich glaube, dass es an der Zeit ist, dass wir gehört werden!“ McKennie ist in den USA geboren. Nach dem Tod des Afroamerikaners Floyd in Minneapolis hatten auch zahlreiche US-Stars protestiert.

Schalke 04 und Dortmund-Fans loben Aktion

Seine Fans bei Twitter lobten McKennie für die Aktion: „Ich dachte, es wäre eine Kapitänsbinde und war stolz auf dich. Jetzt, da ich weiß, was es wirklich war, bin ich noch stolzer“, schreibt ein Follower.

Selbst aus konkurrierenden Fan-Lagern gab’s Unterstützung. „Ich will dich auch als Dortmund-Fan zu dieser Aktion beglückwünschen“, so ein Twitter-Nutzer. „Ich war glücklich, das heute zu sehen. Es ist wichtig, aufzustehen und zu kämpfen. Rassismus ist keine Option für diese Welt. Bleib stark, mein Freund. Ohne Farbe wäre die Welt langweilig.“

Die Botschaft könnte für den Schalker jedoch noch zum Problem werden. In der DFL-Richtlinie zu Spielkleidung und Ausrüstung heißt es: „Politische und/oder andere Mitteilungen auf den Ausrüstungsgegenständen sind keinesfalls erlaubt.“ Auch in der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB steht: „Eines unsportlichen Verhaltens macht sich insbesondere schuldig, wer sich politisch (...) verhält.“

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Anthony Ujah mit seiner Botschaft 2014 im Spiel gegen Augsburg.

Es gibt jedoch Beispiele, wo bei ähnlichen Fällen nicht ermittelt wurde. Anthony Ujah (29) zeigte 2014 als Profi des 1. FC Köln beispielsweise ein T-Shirt mit der Aufschrift „I can't breathe“. Damals wurde Eric Garner auf ähnliche Weise getötet wie nun Floyd. Haris Seferovic (28) hat im Dezember 2014 mit einem Shirt zu Ehren der verstorbenen Studentin Tugce († 23) gejubelt. Auf dem T-Shirt stand: „Tugçe = Zivilcourage, Engel, Mut, Respekt.“ Damals meldete sich DFB-Chefankläger Dr. Anton Nachreiner (64) zu Wort: „Wir werden spätestens zur Beginn der Rückrunde Rundschreiben an die Klubs rausschicken, damit diese Dinge aufhören.“

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2017 ging die Mannschaft von Hertha BSC vor dem Spiel gegen Schalke auf die Knie.

Aber auch Hertha BSC sorgte 2017 für Aufsehen, als das Team vor dem Spiel gegen Schalke aus Solidarität mit US-amerikanischen Profisportlern, die sich aus Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt bei der Hymne vor den Spielen niederknien, ebenfalls auf die Knie ging.

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Die DFL twitterte daraufhin: „Eine großartige und wichtige Geste der Hertha.“ Sollte nun also gegen McKennie, Sancho und Hakimi ermittelt werden, dürfte das für Unverständnis sorgen.