Messi will sofort wechselnKoemans entscheidender Satz – Barça-Führung reagiert

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Lionel Messi winkt den Fans bei der Saisoneröffnung des FC Barcelona im vergangenen Jahr. Das Foto entstand am 4. August 2019.

von Béla Csányi (bc)

Barcelona – Der Tag nach dem großen Messi-Schock beim FC Barcelona.

Nachdem der sechsmalige Weltfußballer Lionel Messi (33) am Dienstag von einer Ausstiegsklausel Gebrauch machte und seinen Vertrag kündigte, versinken die erfolgsverwöhnten Katalanen im Chaos.

Fan-Aufstand beim FC Barcelona: Wechselwunsch von Lionel Messi

Vor dem Camp Nou versammelten sich noch am Dienstagabend viele wütende Fans und protestierten dort gegen die Vereinsführung. Die Polizei musste später anrücken um für Ruhe zu sorgen. Die Anhänger forderten das Aus von Präsident Josep María Bartomeu (57) und zeigten mit ausgestreckten Mittelfingern ihre Haltung zum derzeitigen Vorgehen ihres Klubs.

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Trainer Ronald Koeman (57) steht derweil wegen einer angeblich scharfen Ansprache an seinen Superstar als Mitverantwortlicher gleich unter Druck, den umstrittenen Bartomeu könnte das Messi-Beben aus dem Amt heben. EXPRESS beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die spektakulärste Meldung des Transfer-Sommers.

Was sagt der FC Barcelona zum Wechselwunsch von Lionel Messi?

Bei der Präsentation von Neuzugang Trincao (20) nahm der neue Sportdirektor Ramón Planes (52) am Mittwoch als erster Verantwortlicher Stellung zum Messi-Wirbel. „Barça hat sich in seiner Geschichte schon oft neu aufgestellt und ist immer stark zurückgekommen. Unsere Idee ist, eine neue erfolgreiche Etappe gemeinsam mit dem besten Spieler der Welt zu beginnen.“

Noch hoffe man daher, den Argentinier von einem Verbleib überzeugen zu können: „Die Hochzeit von Messi und Barça hat beiden viel gegeben, auch die Fans hatten viele schöne Momente. Intern arbeiten wir daran, Messi zu überzeugen und die beste Lösung für Barça und Messi zu finden.“ Solange es keine andere Nachricht von Messi gebe, gehe man davon aus, ihn am Sonntag beim Trainingsauftakt zu begrüßen.

Warum will Lionel Messi den FC Barcelona verlassen?

Der Argentinier ist schon länger unzufrieden mit der Vereinsführung, lieferte sich in den vergangenen Monaten vermehrt öffentliche Scharmützel mit dem Präsidium. Seine Vorwürfe: Die Barça-Bosse sind vor allem an ihrer eigenen Machtposition interessiert und kümmern sich nicht um das Wohl des Vereins.

Im Februar waren Dokumente aufgetaucht, nach denen die Vereinsführung für rund eine Million Euro ein Unternehmen beauftragt haben soll, um in den sozialen Netzwerken durch Kampagnen das eigene Image aufzubessern. Dafür wurde mit Fake-Accounts Stimmung gegen aktuelle oder ehemalige Spielern wie Messi, Gerard Piqué (33), Xavi (40) oder Carles Puyol (42) gemacht. Messi kritisierte das Vorgehen der Chefetage öffentlich.

Auch sportlich läuft es beim Klub schon länger nicht mehr rund. Nach teuren Fehlkäufen und einem aufgeblähten Gehaltsbudget ist die finanzielle Lage beim Klub angespannt, mit der verpassten Meisterschaft und dem 2:8-Debakel gegen Bayern München in der Champions League wurde deutlich, dass Barcelona derzeit den Spitzenklubs hinterherhinkt.

Messis hängender Kopf schon zur Pause des Bayern-Spiels zeigte Resignation und Verzweiflung, so wie der Superstar sie im Trikot des Klubs bislang selten gezeigt hatte.

Welche Rolle spielt der neue Trainer Ronald Koeman?

Die Besetzung des Trainerpostens ist offenbar mit entscheidend für Messis Abschiedsgedanken. Schon im ersten Gespräch am Freitag soll Koeman Messi derart verärgert haben, dass dieser auch seine letzten Zweifel am Wechselwunsch verlor. „Mit den Privilegien in der Mannschaft ist es aus, es muss alles für das Team getan werden“, lauteten nach Informationen der argentinischen Zeitung „Olé“ die Worte Koemans an Messi.

Weil der Kapitän und Megastar im Klub schon länger eine entscheidende Rolle spielt und auch über den Platz hinaus entsprechende Privilegien besitzt, fühlte er sich von seinem neuen Coach umgehend auf die Füße getreten. Spanische Medien bezeichnen Koemans-Ansage daher als „den Satz, der alles veränderte“.

Kann Lionel Messi den FC Barcelona ablösefrei verlassen?

Die Meinungen darüber gehen naturgemäß auseinander. Messi beruft sich auf eine Sonderklausel, nach der er seinen Vertrag zum Ende einer jeden Saison einseitig kündigen kann. Die Frist dafür ist allerdings schon vor über zwei Monaten ausgelaufen, Barcelona pocht entsprechend auf eine Einhaltung des bis 2021 laufenden Vertrags.

Das Messi-Lager dagegen argumentiert, dass durch die Corona-Pandemie und das verspätete Saisonende besondere Umstände vorliegen und die Frist für die Ausstiegsklausel damit nicht bindend sei. Sollten sich beide Partien nicht einigen können, droht ein Rechtsstreit.

Die katalanische Sport-Tageszeitung „Sport“ titelt bereits vom „totalen Krieg“. Sollte die Klausel zu spät gezogen worden sein, gilt die festgeschriebene Ablösesumme von 700 Millionen Euro – es sei denn, Barcelona einigt sich in Verhandlungen mit Messis möglichem neuen Verein auf eine niedrigere Summe.

Ist der Abschied von Lionel Messi damit endgültig?

Dieses Szenario ist unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Zunächst ist die Frage zu klären, ob die Kündigung wirksam ist oder nicht. Doch selbst wenn Messi seinen Vertrag in Barcelona auflösen darf, könnte er grundsätzlich auch wieder einen neuen Vertrag bei den Katalanen unterschreiben.

Möglich wäre das etwa dann, wenn die Vereinsführung zurücktritt und ihre Nachfolger Messi einen Plan aufzeigen, der eine weitere gemeinsame Zukunft möglich macht.

Wohin könnte Lionel Messi wechseln?

Schon vor der Kündigung in Barcelona hatte es immer wieder Gerüchte um einen Wechsel des Argentiniers zu Inter Mailand gegeben. Sein Abbild war bereits an den Mailänder Dom projiziert worden, Messi soll sich bereits ein Haus in der italienischen Metropole gekauft und sein Vater seinen Wohnsitz nach Mailand verlegt haben. Inters chinesische Eigentümer verfügen grundsätzlich auch über die finanziellen Mittel, um den gewaltigen Transfer zu stemmen – sofern sich Barcelona im Zweifelsfall auf Ablöseverhandlungen einlässt.

Auch die Scheichklubs Manchester City (mit Messis ehemaligem Erfolgstrainer Pep Guardiola) und Paris Saint-Germain scheinen nicht gänzlich abgeneigt. Am Tag der Kündigung wurde in spanischen Medien auch Manchester United gehandelt. Ein Wechsel zu Jugendklub Newell’s Old Boys in Argentinien, den sich Messi zum Ausklang seiner Karriere offen gehalten hatte, erscheint zum jetzigen Zeitpunkt zu früh.

Was bedeutet der Streit um Lionel Messi für Barcelonas Führungsebene?

Das Präsidium um Präsident Bartomeu steht nun unter gewaltigem Druck. Von Fans und Mitgliedern, die über die Zukunft der Verantwortlichen entscheiden, gibt es bereits deutliche Rücktrittsforderungen. Rund um das Camp Nou kam es noch am Dienstag zu Protesten verärgerter Anhänger.

Erste Gerüchte um einen sofortigen Rücktritt von Bartomeu bestätigten sich nicht. Seine Amtszeit als Präsident läuft noch bis zu den Wahlen am 15. März 2021. Eine Wiederwahl ist für Bartomeu nach zwei Amtszeiten nicht möglich.

Verbessert hat sich durch Messis Entscheidung die Position von Bewerber Víctor Font (48), der das Rad bei Barcelona zurückdrehen will. Im Falle eines Wahlsiegs will er ab der kommenden Saison Vereinslegende Xavi (40) als Trainer installieren und so die seiner Meinung nach zuletzt vernachlässigten Werte des Klubs wieder in den Vordergrund stellen. „Selbst wenn Koeman eine unglaubliche Saison mit Barcelona hat, werde ich meine Pläne nicht ändern. Wenn ich Präsident werde, wird Koeman nicht Trainer sein“, soll Font angeblich gesagt haben.