KulttrainerPeter Neururer über alten Klub: „Für den FC würde ich...“

5FA12A008DFFD123

Kulttrainer und Harleyfan Peter Neururer feiert seinen 65. Geburtstag.

von Jürgen Kemper (kem)

Gelsenkirchen – Er gehört zu den Kulttrainern der Bundesliga und ist eine der schillerndsten Figuren des deutschen Fußballs.

Am Sonntag feiert Peter Neururer seinen 65. Geburtstag. Mit EXPRESS sprach Neururer über den Corona-Alltag, Job-Angebote und seinen großen Traum: „Einmal die Schale in den Händen halten“.

Peter Neururer, Sie feiern am Sonntag Ihren 65. Geburtstag. Was bedeutet Ihnen diese Zahl?

Alles zum Thema USA

Neururer: „Das heißt für mich, dass ich noch 15 Jahre arbeiten darf (lacht). Ich bin froh, dass ich gesund bin und immer noch so viel Spaß am Fußball habe. Ich betrachte das Alter sowieso philosophisch. Wenn mich jemand danach fragt, antworte ich: Gefühlt bin ich 38 Jahre alt, gelebt 150 und effektiv werde ich am Sonntag 65.“

Wir werden Sie Ihren Geburtstag feiern?

„Eine „Feier“ kann man das nicht nennen. Es wird keine legendäre Fete, wie wir das früher gerne gemacht haben. Ich darf meine Golf- und Harley-Freunde ohnehin nicht sehen. Die Familie wird kommen und wir werden gemütlich zusammen essen. Ich freue mich sehr darauf. Meine Frau und ich sind vor zwei Monaten Oma und Opa geworden und wir sehen unser Enkelkind meistens nur per Facetime. Es ist schön, wenn ich die Kleine am Sonntag sehe.“

Wissen Sie schon, welches Geschenk Sie von Ihrer Frau bekommen?

„Nein, das wird eine Überraschung. Ich erwarte aber, dass es nicht so groß wird wie an meinem 50. Geburtstag. Das war der absolute Hammer. Da hat sie mir eine Harley geschenkt. Sie hat mir das Ding mit tuckerndem Motor in den Garten gestellt und eine USA-Tour gebucht, obwohl ich überhaupt keinen Führerschein für die Karre hatte. Ich hatte Tränen in den Augen. Wir haben den Führerschein dann sehr schnell danach gemacht und haben seitdem - bis auf zwei - alle Staaten in den USA durchfahren. Dieses Jahr hätten wir eine Alaska-Tour gemacht, die uns Corona nun leider zerschossen hat. Wir halten aber an unserem Traum fest und holen das nach.“

Hier lesen Sie mehr: FC-Star Christian Clemens: „Ich will endlich wieder meinen Beruf ausüben“

Wie erleben Sie den Corona-Alltag?

„Ich versuche das Beste draus zu machen und mir so gut es geht die Langeweile zu vertreiben. Ich mache morgens Krafttraining und dann fahre ich jeden Tag 100 Kilometer mit der Harley, um abzuschalten. Wenn ich wieder zuhause bin, mache ich einen Spanischkurs mit meiner Frau. Das macht mir viel Spaß. Ich kann auch schon mehr als ein Bier bestellen. Nachmittags spielen wir dann im Garten Golf und abends mache ich noch etwas Fitness.“

5FA12A007153536D

Peter Neururer spielt in seinem Garten Golf, weil die Plätze gesperrt sind.

Klingt nach einem sportlichen Tagesablauf.

„Den habe ich auch nötig. Ich habe festgestellt, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben anderthalb Kilo zugenommen habe. Ich hatte vor kurzem einen kleinen Unfall. Ich wollte einem Motorradfahrer Anschieb-Hilfe geben, als der Vollidiot plötzlich Vollgas gab und ich fünf Meter durch die Luft geschossen bin. Ich konnte deshalb wochenlang nichts machen und muss jetzt zusehen, dass die Pfunde wieder purzeln.“

Während andere an die Rente denken, brennen Sie auf neue Aufgaben. Wie ist der Stand bei der Jobsuche?

„Solange ich fit bin, möchte ich aktiv bleiben. Der Fußball hat schon immer einen riesigen Stellenwert in meinem Leben gehabt und ich würde mir wünschen, wenn das auch weiterhin so bleibt. Ich bin derzeit in aussichtsreichen Gesprächen. Ich bin gespannt, was daraus wird.“

Was sind das für Gespräche?

„Ich habe ein Angebot als Nationaltrainer von einem europäischen Land, das noch Qualifikationsspiele vor sich und Chancen auf die Europameisterschaft hat. Der Trainer ist noch im Amt, soll aber beurlaubt werden. Erst dann werde ich konkrete Verhandlungen führen. Eine andere spannende Aufgabe wäre in den USA. Dort soll in der Nähe von Dallas ein Tochterverein gegründet werden. Die suchen einen Sportlichen Leiter, der den Verein mittelfristig in die Major League Soccer führt. Ich denke, da wird im Laufe der nächsten Woche eine Entscheidung fallen. Und außerdem stehe ich in sehr guten Verhandlungen mit der Stölting Group (Dienstleister für Personal, Sauberkeit und Sicherheit; Anm. d. Red.). Da wäre ich dann im Sport-Management tätig, da mischt das Unternehmen mittlerweile auch mit. Die haben zuletzt den Transfer von Julian Weigl vom BVB nach Lissabon eingefädelt.“

5FA12A00262651E1

Peter Neururer brennt auf einen neuen Job im Fußballgeschäft.

Aktuell herrscht aber noch Stillstand. Wie sehr vermissen Sie den Fußball?

„Es treibt mich nahezu in den Wahnsinn, dass kein Fußball gespielt wird. Zum einen vermisse ich das Spiel, zum anderen bin ich auch Leidtragender. Alle meine Verträge, die Werbedeals und die Fernsehsendungen ruhen. Ich habe seit März keine Einnahmen mehr, brauche praktisch jeden Cent. Es ist zwar Jammern auf hohem Niveau, weil ich nicht um meine Existenz fürchten muss, aber es ist keine angenehme Situation. Ich würde mir wünschen, dass der Ball möglichst schnell wieder rollt.“

Hier lesen Sie mehr: Tod beim Joggen – FC-Star trauert um seinen Jugendcoach

Glauben Sie, dass es in Kürze mit Geisterspielen weitergeht?

„Ich hoffe. Sonst werden viele Vereine den Löffel abgeben. Es muss weitergehen, wenn man in Deutschland in Zukunft weiter Fußball auf dem höchsten Niveau haben will. Wir müssen dafür alle die Kröte mit den Geisterspielen schlucken. Ich hoffe in diesem Zug, dass die Fans Disziplin zeigen werden und auch wirklich zuhause bleiben. Sie müssen sich bewusst sein, dass sie es in der Hand haben, ob es weitergeht oder nicht. Wenn es zu einem Fehlverhalten wie beim Geisterderby zwischen dem FC und Gladbach kommt, als tausende Fans vor den Toren standen, ist der Fußball am Ende.“

Mit Schalke 04 steckt einer Ihrer Ex-Klubs tief im Schlamassel. Machen Sie sich Sorgen um den Verein?

„Ich bin überzeugt, dass es die Protagonisten in den Griff bekommen werde. Die Fernsehgelder wurden bezahlt, damit ist das Ärgste erst mal überstanden. Klar ist aber, dass sie es verdammt schwer haben. Es bricht gerade alles zusammen. Wenn 40 000 Dauerkarten-Inhaber und jeder Logenbesitzer ihr Geld zurückfordern, dann wäre Schalke auf einen Schlag pleite. Das wird in der Form aber nicht passieren. Sollte es am Ende doch dramatisch werden, gibt es immer noch Clemens Tönnies.“

Erinnern Sie sich eigentlich noch, wann Ihre Leidenschaft für den Fußball geweckt wurde?

„Ich weiß es noch ganz genau. Das war 1962, ich war sieben Jahre alt und zum ersten Mal im Stadion. Es war Oberliga West Hamborn 07 gegen den 1. FC Köln. Ich war eigentlich 07-Anhänger, weil mein Vater aus Hamborn kam. Nach dem Spiel war ich allerdings glühender FC-Fan, weil Köln in Weiß gespielt hat - und in Weiß hat damals nur Real Madrid und der FC Santos gespielt. Das hat mich sehr beeindruckt, genau wie die Art und Weise, wie der FC gespielt hat. Es waren fantastische Jahre, erst recht als dann die Bundesliga losging. Ich war vor allem Fan von Wolfgang Overath. Ich wollte auch immer so spielen wie er, war aber leider nicht so technisch versiert wie er (lacht). Der FC ist bis heute etwas Besonderes für mich.“

Abschließend: Welche Wünsche und Träume haben Sie in Ihrem Leben noch?

„Mein Ziel war es immer, dass ich so lange Trainer bleibe, bis ich einmal in meinem Leben die Schale in den Händen halte. Es ist äußerst unrealistisch und die Chance tendiert wahrscheinlich gegen null, aber der Traum bleibt bestehen. Dieses Feuer brennt weiter in mir und deshalb mache ich weiter. In Deutschland kommen dafür allerdings nur zwei Vereine in Betracht. Ich würde höchstens bei meinen Herzensklubs Schalke und Köln anheuern.“