„Zehn Jahre zu spät für WM-Boykott“Kimmich und Löw verteidigen Spieler-Protest

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Die Nationalspieler trugen am Donnerstag, 25. März, kurz die T-Shirts als Botschaft für Menschenrechte.

Bukarest – Lob, Kritik, Debatten. Die T-Shirt-Aktion („Human Rights“) der Nationalspieler vor dem Spiel gegen Island (3:0) überschattet derzeit die WM-Qualifikationsspiele. Noch bevor Joachim Löw (61) am Samstag (27. März) etwas zum Spiel gegen Rumänien (Sonntag, 20.45 Uhr, RTL) sagen wollte, ergriff er ungefragt das Wort.

  • Debatten um „Human Rights“-T-Shirts der Nationalmannschaft
  • Joachim Löw und Joshua Kimmich verteidigen DFB-Aktion
  • Klare Haltung bei Diskussion um Boykott der WM 2022

Dafür, dass die Nationalspieler mit ihren Shirts ein Signal für Menschenrechte gesetzt haben, wurden sie gelobt.

Dass der DFB jedoch am Freitagabend ein 63-Sekunden-Video über seine Kanäle verbreitete, in dem zu sehen ist, wie die Spieler die schwarzen Shirts mit weißer Farbe bemalt haben und als „Making of“ titulierte, wirkte dann doch sehr als Marketing-Inszenierung. Der gute Grundgedanke der Aktion würde dadurch verwässert, lautete der Vorwurf.

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Doch der Bundestrainer sieht die Dinge anders. „Wenn jemand denkt, dass unsere Spieler, Manuel Neuer, Ilkay Gündogan, sich aus Marketinggründen vor so einen Karren spannen lassen, der irrt gewaltig“, sagte Löw. „Unsere Spieler sind sehr, sehr interessiert und wissen, was neben dem Fußball in der Welt passiert“, stellte Löw klar: „Sie engagieren sich in Eigeninitiative. Ich fand es beeindruckend, was sie gemacht haben.“

Unter den Social-Media-Posts des Videos finden sich fast ausschließlich negative Kommentare. DFB-Direktor Oliver Bierhoff (52) wurde hart angegangen, weil er das Gesicht der Kommerzialisierung der Nationalmannschaft ist.

„Wir wissen, dass unsere Spieler für diese Werte stehen“, verteidigte Löw die Aktion. „Also nicht alles, was derzeit beim DFB oder der Nationalmannschaft passiert, ist negativ zu bewerten“.

Joshua Kimmich: Sind in der Verantwortung, Dinge anzusprechen

Joshua Kimmich pflichtete seinem Coach bei. „Ich sehe uns in der Verantwortung, Dinge anzusprechen. Das haben wir versucht. Im Fußball hat man die Chance, auf Dinge hinzuweisen. Da sehe ich nicht nur uns in der Pflicht, sondern auch andere Teile der Bevölkerung. Dass nun von einem Hochglanzvideo gesprochen wurde, spricht für die Qualität unserer Kameraleute“, sagte der Bayern-Star lächelnd.

Auch bei der Forderung, Deutschland solle statt Shirts zu tragen lieber die WM 2022 in Katar boykottieren, sind sich die Verantwortlichen einig. „Ein Boykott von einem großen Turnier hilft niemandem. Man kann mit so einem Turnier Aufmerksamkeit in der ganzen Welt erzeugen und Dinge in die richtige Richtung bringen. Das ist die Aufgabe des Vorgangs“, sagte Löw.

„Generell bin ich der Meinung, dass wir für einen Boykott zehn Jahre zu spät dran sind“, ergänzte Kimmich. „Damals hätte man sich das überlegen müssen. Jetzt muss man die Gelegenheit nutzen, unsere Strahlkraft zu nutzen, um die Dinge anzusprechen“.

Neue Aktion von Norwegen – auch Niederländer und Dänen machen mit

Norwegens Nationalmannschaft hat derweil mit einer erneuten Aktion weitere Nationen dazu ermuntert, auf die Menschenrechtslage beim WM-Gastgeber Katar aufmerksam zu machen.

Vor dem Spiel gegen die Türkei trugen Erling Haaland und seine Kollegen weiße Shirts mit dem Aufdruck: „Human rights - On and off the pitch“ (Menschenrechte - auf und neben dem Platz). Außerdem waren Norwegen und Deutschland mit einem Haken versehen, darunter stand „Next?“ - wer folgt als nächstes? Dazu hatten die Spieler ihre linke Hand mit fünf abgespreizten Fingern erhoben.

Die Auswahl der Niederlande trug vor dem Spiel gegen Lettland schwarze Shirts mit der Botschaft „Football Supports Change“ („Fußball unterstützt Wandel“). Dänemark hat einen Protest vor dem Spiel gegen Moldau am Sonntag angekündigt. „Die Spieler haben entschieden, auf die Notwendigkeit von Änderungen in Katar hinzuweisen“, teilte der Verband mit.