„Meine Zukunft spielt keine Rolle“Schalke-Boss Schneider über Rücktritts-Gerüchte

Jochen Schneider 29.11.

Unter Feuer: Jochen Schneider, Vorstand beim Krisen-Klub FC Schalke 04 beim 1:4 in Mönchengladbach.

Mönchengladbach – Es ist eine Horror-Serie, die der FC Schalke 04 derzeit auf den Platz bringt. Seit 25 Bundesliga-Spielen sind die Königsblauen ohne Sieg.

Die Konsequenz: drei Punkte und Tabellenplatz 18. Auch im jüngsten Liga-Spiel am Samstagabend hatten sich die Knappen eine 1:4-Klatsche von Borussia Mönchengladbach abgeholt.

Und jetzt fängt mit dem 1. FC Köln ausgerechnet auch die Konkurrenz an zu gewinnen: Der FC hatte mit einem 2:1-Sensationssieg bei Borussia Dortmund am Samstag seine 18 Spiele andauernde Sieglos-Serie beendet.

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Manuel Baum: „Aufwand und Ertrag stehen in keinem Verhältnis“

Da wirkt es fast schon hochgradig sarkastisch, wenn das 1:4 gegen Gladbach Mut machen soll. „Das war ein Schritt nach vorne. Jetzt müssen wir uns aber einfach auch mal belohnen“, analysierte Schalkes Teammanager Sascha Riether (37), der aber auch mahnte: „Wir müssen jetzt in den Abstiegsmodus schalten.“

In der mangelnden Punktausbeute sieht auch Trainer Manuel Baum (41) ein Problem. „Aufwand und Ertrag stehen in keinem Verhältnis bei uns“, stellte der Coach fest.

Von 75 möglichen Punkten seit dem 2:0 im Januar gegen Gladbach holte Schalke ganze neun. Zum Bundesliga-Negativrekord Tasmania Berlins mit 31 sieglosen Spielen am Stück fehlen nur noch sechs Partien.

Nur drei Zähler nach neun Spieltagen einer Saison hatte der Klub zuletzt vor 53 Jahren aufgewiesen. Klub-Negativrekord sind die 28 Gegentore zum jetzigen Zeitpunkt – zugleich ist die schwächste Abwehr der Liga auch die schwächste eines Bundesligisten in diesem Jahrtausend.

Turbulente Woche beim FC Schalke 04

Logisch, dass die Nerven blank liegen. Schon ein Trainerwechsel – auf David Wagner (49) folgte nach nur zwei Spielen Manuel Baum – verpuffte wirkungslos.

In den vergangenen Tagen hatte es Schalke mal wieder mit dem Rausschmiss von Spielern versucht. Stürmer-Oldie Vedad Ibisevic (36) musste gehen, Nabil Bentaleb (26) und Amine Harit (23) wurden zum wiederholten Mal suspendiert. „Wir müssen jetzt endlich als Einheit auftreten“, befand Angreifer Steven Skrzybski (28). Gegen Gladbach gelang dies nicht, wie das Auseinanderbrechen nach der Halbzeit bewies.

Sportvorstand Jochen Schneider (50) wirkte konsterniert: „Das Bild ist für mich verheerend!“ Über einen möglichen Rücktritt sagte er im ZDF: „In so einer Situation verlassen Sie nicht die Brücke. Das macht man nicht. Sondern man stellt sich der Aufgabe und versucht, da im Team herauszukommen. Egal, ob es für mich eng wird oder nicht: Es geht allein um Schalke 04. Allein darum, dass Schalke erstklassig bleibt. Dabei spielt meine Zukunft keine Rolle.“

FC Schalke 04: Folgt Peter Knäbel auf Jochen Schneider als Sportvorstand?

Hinter den Kulissen fällt aber immer häufiger der Name Peter Knäbel (54), einst Sportlicher Leiter beim Hamburger SV. Knäbel ist derzeit Direktor des Nachwuchsleistungszentrums der Schalker und strebt wohl eine höhere Position in der Krise an.

Schalke 04: Ex-Profi Benedikt Höwedes legt Finger in die Wunde

Derweil zerlegen die Experten den Klub. Ex-Nationalspieler Steffen Freund (50) sagte im „Doppelpass“ bei Sport1: „Insgesamt macht Schalke einen unglaublich bitteren Eindruck.“

Er sieht die Bosse und Kaderplaner in der Verantwortung.

Der Ex-Schalker Benedikt Höwedes (32) kritisierte die Zusammenstellung des Kaders auch: „Du brauchst Teamspieler, Individualisten, du brauchst Sprachrohre und die Mischung, die passt mir in der Truppe nicht ganz. Das zeigt sich auch auf dem Platz, ob das eine verschworene Einheit ist, die füreinander, den Trainer und die Werte des Vereins kämpft.“

Zudem bemängelt er die Arbeit der Bosse in den vergangenen Jahren, obwohl der Klub zahlreiche Talente ausgebildet hat: „Schalke hat enorm von der Knappenschmiede profitiert. Die Talente aus der Jugend wurden irgendwann leichtfertig abgegeben.“

In der Tat: Spieler wie Manuel Neuer (FC Bayern), Leroy Sané (FC Bayern), Mesut Özil (FC Arsenal), Leon Goretzka (FC Bayern), Julian Draxler (Paris St. Germain), Joel Matip (FC Liverpool), Thilo Kehrer Paris St. Germain), Sead Kolasinac (FC Arsenal) oder Max Meyer (Crystal Palace) waren alle mal auf Schalke.

Ein Paradebeispiel solider Kaderplanung ist Union Berlin, die im Sommer unter anderem Max Kruse und Robin Knoche verpflichteten. Unions Geschäftsführer Sport Oliver Ruhnert (49) hat bei Sky90 Verständnis für Schalke: „Abstiegskampf mit jungen Leuten ist schon schwierig.“ Die individuelle Klasse sei bei den Knappen aber immer noch stark genug, um die Liga zu halten.

Weltmeister Benedikt Höwedes hat auch Hoffnung für Schalke

Höwedes hat aber auch Hoffnung nach dem Spiel in Mönchengladbach: „Die Mannschaft hat eine gute Reaktion gezeigt. Vor allem in den ersten 20 Minuten hat Schalke die Zweikämpfe angenommen und mutig nach vorne gespielt“, sagte der 2014er-Weltmeister und langjährige Schalke-Kapitän. (eha/bl/dpa)