Fall Boateng ein EigentorBayerns Kommunikations-Desaster ist Chance für Bundesliga

imago0047765178h

David Alaba und Jerome Boateng werden am Ende der Saison wohl den FC Bayern verlassen. Hier sieht man sie beim gemeinsamen Training in München im August.

München – Bayern München plant eine Umgestaltung seiner Abwehr. Der auslaufende Vertrag mit Jerome Boateng (32) wird nicht verlängert. Stattdessen soll der Triple-Gewinner weiter an einer Verpflichtung von Leipzigs Dayot Upamecano (22) interessiert sein. Ein Kommentar, warum dieser Vorgang kein gutes Licht auf den Meister wirft – und eine Chance für die Liga ist.

Seit Hansi Flick (55) vor ziemlich genau einem Jahr Cheftrainer beim FC Bayern geworden ist, läuft die Münchner Maschine rund. 45 Siege, ein Unentschieden und nur drei Niederlagen in 49 Spielen – pro Spiel holen Hansis Bayern damit im Schnitt 2,78 Punkte. Nach dem Triumph im Spitzenspiel bei Borussia Dortmund hakten die ersten Fußball-Fans das Thema Meisterschaftskampf in dieser Saison schon wieder ab. Aber vielleicht kommt doch noch Spannung in die Runde – durch hausgemachte Querelen.

Die schwere Knieverletzung von Joshua Kimmich (25) ist bereits ein herber Rückschlag für die Triple-Bayern. Allerdings kann keine Mannschaft davon ausgehen, verletzungsfrei durch diesen Termin-Marathon zu kommen. Solche Rückschläge muss jeder Verein einkalkulieren.

Alles zum Thema Jerome Boateng

FC Bayern hat zwei seiner drei Stamm-Innenverteidiger übel brüskiert

Was sich der Rekordmeister jedoch selbst zuzuschreiben hat, ist der eigenverschuldete Wirbel um seine Abwehr-Achse. Mit David Alaba (28) und Jerome Boateng (32) sind zwei der drei Stamm-Innenverteidiger von der Vereinsführung übel brüskiert worden. Die Entscheidung, im Endlos-Poker mit Alaba um einen neuen Vertrag ein Signal zu setzen und das Angebot zurückzuziehen, ist vernünftig. Die Art der Kommunikation dessen war jedoch unglücklich. Dass Präsident Herbert Hainer (66) in einer TV-Sendung die Bombe platzen ließ, ohne vorher die Spieler-Seite beziehungsweise dessen Management zu informieren, darf einem Spitzenverein nicht passieren.

FC Bayern äußerte sich im Fall Boateng nicht öffentlich

Noch erbärmlicher war nun die Vorgehensweise im Fall Boateng. Dass der Weltmeister, der mit den Bayern zweimal das Triple feierte, in den Zukunftsplanungen keine Rolle mehr spielt, ist eine Entscheidung, die die Münchner Bosse durchaus treffen können. Allerdings kann es nicht sein, dass solch ein verdienter Spieler dies von einem Medium erfährt, das offenbar von Vereinsseite gezielt mit dieser Information gefüttert wurde.

Boateng musste in seiner Bayern-Karriere schon so einige Nackenschläge einstecken. Mal rüffelte ihn Vorstands-Boss Karl-Heinz Rummenigge (65), er solle mal wieder „back to earth“ kommen, dann rief ihm Ex-Präsident Uli Hoeneß (68) bei der Meisterfeier 2019 hinterher, er solle sich doch lieber heute als morgen einen neuen Verein suchen. Nun muss der frühere Abwehr-Boss lesen, dass seine Bayern-Zeit vorbei sei, während seine Berater den ganzen Tag vergeblich auf eine direkte Information durch den Münchner Vorstand warten.

Flick hat nun das Problem, dass er in den sechs Monaten auf dem Weg zu neuen Titeln auf zwei Abwehr-Stützen bauen muss, die vom Verein herbe enttäuscht wurden. Zudem wird der Münchner Trainer nicht darum herumkommen, dass er bei jedem anstehenden Spiel mit Fragen zu den Themen konfrontiert wird. Schon nach dem 6:2-Sieg in Salzburg hatte der Coach am Mikrofon geschnaubt: „Mir ist es wichtig, dass wir Ruhe in der Mannschaft haben. Alles andere ist für mich kein Thema. Sie können jetzt noch fünf Fragen stellen, dann ist mir das auch egal.“

Hansi Flick muss nun die Dauer-Debatten um Alaba und Boateng ertragen

Der Erfolgs-Trainer kann sich bei seinen Bossen bedanken, die mit ihrer stümperhaften Kommunikations-Politik Unruhe ins Gebilde gebracht haben. Und die nationale Konkurrenz darf berechtigte Hoffnungen haben, dass dieses Theater den Liga-Primus aus dem Tritt bringen könnte.