„Richtig im Feuer“Ex-FC-Manager Rettig erneuert Kritik an Bayern und DFL-Ausschüttung

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Ex-Bundesliga-Manager Andreas Rettig (hier beim Besuch der EXPRESS-Redaktion im Januar) sieht den neuen Verteilerschlüssel für die TV-Gelder kritisch.
Köln/Frankfurt – Die Verteilung der TV-Gelder ist in der Bundesliga seit jeher ein heiß diskutiertes Thema. Am Montag hatte nun DFL-Boss Christian Seifert (51) den neuen Schlüssel für die kommenden vier Spielzeiten vorgestellt – und damit auch Kritiker auf den Plan gerufen. Unter anderem gab es Klartext von Ex-Bundesliga-Manager Andreas Rettig (57)!
Der urteilte über die neue Verteilung: „Die Fraktion ,Weiter so´ hat sich durchgesetzt. Es ist kein Schritt nach vorne, sondern ein Schritt zur Seite über die vier Jahre.“
Ex-Bundesliga-Manager Andreas Rettig kritisiert neuen TV-Schlüssel
Bei Sky erklärte Rettig, der von 2013 bis 2015 selbst DFL-Geschäftsführer war: „Ich denke, es ist ein schlechtes Signal, das von diesem Verteilerbeschluss ausgeht.“ Der ehemalige Manager des 1. FC Köln, SC Freiburg und FC Augsburg glaubt, das neue Modell komme „tendenziell den international ausgerichteten Klubs“ zugute.
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Rettig kritisiert auch seinen ehemaligen Arbeitgeber. Die DFL sei „nur noch ein Vermarktungsverband“, für die kleineren Vereine gebe es „ein Beruhigungszückerle in den ersten beiden Jahren, das danach wieder einkassiert wird. In den Jahren drei und vier wird es weniger werden im Vergleich zu den wirtschaftlich starken Klubs.“
Die im Durchschnitt 1,1 Milliarden Euro pro Saison sollen in einem dynamischen Zwei-Stufen-Plan zunächst gleichmäßiger ausgeschüttet – und anschließend mehr nach Leistung verteilt werden.
Der Ex-Bundesliga-Funktionär erklärt dazu: „Ungleiche Verteilung wird zu einer sich weiter öffnenden Schere führen. Die Vereine, die diese Lücke ausgleichen wollen, werden in die Arme von Investoren getrieben, wenn sie sportlichen Erfolg haben wollen. Sie müssen letztlich genau diese Lücke ausgleichen, die immer größer wird. Das ist durch gutes Management, gute Trainerleistung und gute Nachwuchsarbeit kaum noch zu schaffen.“
Andreas Rettig: Bayern nicht mehr solidarisch
Auch am deutschen Rekordmeister übte Rettig harte Kritik. Der FC Bayern und dessen Vorstandsboss Karl-Hein-Rummenigge (65) hatten Mitte November zu einem geheimen „G15“-Treffen mit 14 Erstligisten und dem Hamburger SV geladen, bei dem über die künftige Verteilung gesprochen worden war.
Rettig damals: „Es hat den Anschein, dass kritische Geister vom Diskussionstisch ferngehalten werden sollen. Deshalb muss man sich Sorgen machen. Wenn das der neue Stil ist, der über den FC Bayern transportiert werden soll, dann muss uns im Hinblick auf die Solidargemeinschaft angst und bange werden.“
Jetzt erneuert der Ex-FC-Manager seine Kritik am deutschen Branchenprimus. Rettig sagt: „Leider hat sich auch der Solidaritätsbegriff verschoben. Früher war der FC Bayern solidarisch mit Bochum und Bielefeld, heute mit Manchester United und Juventus Turin.“ Damit spielte er auch auf die immer wiederkehrenden Gerüchte um die Schaffung einer europäischen Super-Liga an. Bayern-Präsident Herbert Hainer (66) hatte zuvor die Kritik, der TV-Schlüssel sei ungerecht, zurückgewiesen.
Rettig sorgt sich zudem um die Zukunft des Fußballs. Er sagt: „Seit vielen Jahren stellen wir eine emotionale Entfremdung fest. Durch Corona, die Aktivitäten, Verteilerbeschlüsse, Unstimmigkeiten beim DFB, Korruption bei der Fifa und vieles mehr. Der Fußball steht richtig im Feuer, was das Thema Glaubwürdigkeit angeht.“