„Mit unserer Strategie gescheitert“Thomas Müller kritisiert Löws EM-Defensivkonzept

Joachim Löw und Thomas Müller umarmen sich nach dem Ende des Spiels gegen England.

Thomas Müller klatscht mit Joachim Löw nach der Achtelfinal-Niederlage gegen England am 29. Juni ab.

von Marcel Schwamborn (msw)

München. Das Achtelfinal-Aus der Nationalmannschaft gegen England hat alle sehr getroffen. Joachim Löw (61) verabschiedete sich mit einer erneuten Turnier-Enttäuschung aus dem Amt. Hansi Flick (56) hat viel Arbeit als neuer Bundestrainer vor sich. Welche Spieler neben Toni Kroos (31) noch über einen Rücktritt aus dem DFB-Team nachdenken, ist noch offen.

Thomas Müller spricht über die Gründe für das EM-Aus Kritik des Weltmeisters an Defensivstrategie von Joachim Löw Bayern-Profi will wieder angreifen – unter Nagelsmann und Flick

Mit Thomas Müller (31) äußerte sich am Sonntag (4. Juli) ein weiterer Weltmeister zum vorzeitigen EM-K.o. „Besonders ärgert es mich, dass wir es durch das frühe Ausscheiden und den Auftritt nicht geschafft haben, die Begeisterung der Fans für die Nationalmannschaft in größerem Maße zurückzubringen. Wir haben tolle Spieler, aber es sind noch viele Hausaufgaben zu machen“, lautete die Botschaft in seinem Newsletter.

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Thomas Müller kritisiert falsche Entscheidungen von Joachim Löw bei der EM

Der Bayern-Profi stellte in seinen Ausführungen auch noch einmal klar, dass Löw schlicht die falschen Entscheidungen in diesem Turnier gewählt hat. „Am Ende haben wir aus vier Matches nur ein Spiel gewonnen. Uns hat die nötige Effektivität an beiden Enden des Platzes gefehlt. Mit unserer Bestrebung, durch eine eher abwartende, kompakte Defensivstrategie ohne Gegentor zu bleiben sind wir de facto gescheitert“, lautete Müllers Vorwurf.

Und: „Das Spiel gegen England stand Spitz auf Knopf. Beide Mannschaften haben sich mit ihren Fünferketten nahezu neutralisiert. Bei so einem Spielverlauf gewinnt oft der, der das erste Tor macht.“ Müller hätte mit seiner Chance in der 82. Minute noch eine Verlängerung erzwingen können. Das weiß er selbst. „Wer weiß was danach passiert wäre. Das war extrem bitter“, schrieb er.

An der nötigen Einstellung der Mannschaft habe es nicht gefehlt, verdeutlichte der Nationalspieler. „Die Truppe, auf die ich gestoßen bin, hatte die Qualität, den Willen und auch die Arbeitsmoral wieder an alte Erfolge anzuknüpfen. Wir haben an den Schwachstellen, die auch im Vorfeld treffend analysiert wurden, gearbeitet – im Training, auf dem Platz und am Taktikboard. Wir wollten als Team erreichen, dass hinten die Null steht und uns bei Standardsituation wieder deutlich verbessern.“

Thomas Müller: „Ich werde nun die Haxen baumeln lassen“

Es blieb beim Versuch, weil unter anderem Löw dem Team durch die Defensiv-Strategie die Stärken nahm, zudem Spieler wie eben Müller auf den falschen Positionen einsetzte. Einen Rücktritt scheint der DFB-Rückkehrer aber nun nicht im Sinn zu haben.

„In den nächsten Wochen werde ich versuchen, die Haxen und auch die Seele ein bisschen baumeln zu lassen. Ich hatte aufgrund der EM bis zum 11. Juli nichts geplant und so steht jetzt erst einmal mehr Zeit mit meiner Familie und Freunden auf der Tagesordnung.“

Danach will Müller wieder angreifen. Natürlich beim FC Bayern – und wohl auch unter Hansi Flick im Nationaltrikot.

„Ein paar Tage Ruhe tun mir gut, denn die nächsten Herausforderungen warten schon um die Ecke. Die Zeit bleibt nicht stehen und schon Mitte August geht die neue Saison mit unserem neuen Trainer Julian Nagelsmann beim FC Bayern wieder los“, freut sich Müller.

Der Weltmeister weiter: „Es wird spannend, wie schnell wir uns als Mannschaft finden können. Und wie immer möchte und muss ich mich da aufs Neue beweisen. Motivation und Ehrgeiz habe ich generell in einem ausreichenden Maße. Solche sportlichen Enttäuschungen wie die EM versuche ich aber immer zusätzlich noch in positive Arbeitsenergie umzuwandeln.“