Eine Woche nach Löw-BebenNachfolger-Suche läuft – mit einem klaren Favoriten

von Béla Csányi (bc)

Frankfurt – Am 9. März um 11 Uhr ließ der DFB die Jogi-Bombe platzen. Vor genau einer Woche kündigte der Verband den Rücktritt von Bundestrainer Joachim Löw (61) nach der EM im Sommer an, obwohl er eigentlich noch Vertrag bis Ende 2022 gehabt hätte. Doch wer folgt im Sommer auf Löw und führt die deutsche Nationalmannschaft zur WM 2022 in Katar?

  • Rücktritt von Joachim Löw vor exakt einer Woche
  • Aktueller Stand der Bundestrainer-Suche
  • Zwei Kandidaten wohl keine Option mehr

Noch am Tag des Rücktritts stellte EXPRESS sechs mögliche Nachfolge-Kandidaten vor. Nicht alle sind noch im Rennen, manch einer verbesserte seine Position seitdem hingegen deutlich. Ein Überblick über die aktuelle Lage.

Jürgen Klopp: Erst Topfavorit, dann kein Thema mehr

Der erste Impuls vieler Fußballfans: Der Gedanke an Jürgen Klopp (53) als Bundestrainer. Eigentlich schien der Erfolgscoach des FC Liverpool wegen eines Vertrags bis 2024 unerreichbar, doch die sportliche Krise bei den „Reds“, schien die einmalige Chance auf Kloppo beim DFB.

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Nur wenige Stunden später sagte der frühere Dortmunder Meistertrainer auf einer Pressekonferenz allerdings unmissverständlich ab. „Ich werde in oder nach diesem Sommer nicht als möglicher Bundestrainer zur Verfügung stehen“, betonte Klopp.

Weil seitdem zwei Liverpool-Siege folgten, haben sich die Wogen an der Anfield Road fürs Erste wieder geglättet. An Klopp als Löw-Nachfolger ist zumindest 2021 nicht mehr zu denken.

Ralf Rangnick: Schalke-Rückkehr statt Bundestrainer-Job?

Lothar Matthäus (59), selbst immer wieder als DFB-Kandidat genannt, brachte Rangnick gleich nach dem Löw-Rücktritt ins Gespräch: „Ralf Rangnick kann was aufbauen, sich um die Akademie kümmern. Ich sehe ihn als großen Favoriten auf den Posten“, sagte der Rekord-Nationalspieler. Auch Klopp sprach sich schnell für Rangnick aus.

Der äußerte am Mittwoch (10. März) seine grundsätzliche Verfügbarkeit, setzte dem DFB aber gewissermaßen die Pistole auf die Brust. „Im Moment bin ich frei“, sagte Rangnick bei Sky, erklärte aber auch: „Wenn sich der DFB erst zu einem Zeitpunkt melden würde, an dem ich nicht mehr frei bin, ist es zu spät.“

Genau dieser Fall scheint inzwischen eingetroffen. Mit dem Verband im Nacken hat Schalke 04 die Rückhol-Offensive gestartet. Nach zwei Amtszeiten als Trainer soll Rangnick künftig als Vorstand bei den abstiegsbedrohten Knappen die Fäden ziehen. Schalke bestätigte die Gespräche am Montag, die Mehrheit der Fans sprach sich für ihn als neuen Macher aus. Für den DFB hat sich das Thema damit offenbar erledigt.

Lothar Matthäus wäre auch als Übergangslösung bereit

Kurz vor und nach Löws Rücktritt winkte Lothar Matthäus noch energisch bei der Bundestrainer-Frage ab. Inzwischen sieht das schon ganz anders aus. Der DFB müsse sich zwar zunächst finden und ein Profil seines Wunschkandidaten schärfen. Dann aber stehe er grundsätzlich zur Verfügung. „Ich bin jemand, der hilft gerne“, ließ Matthäus bei „Sky90“ am Sonntag (14. März) vielsagend durchblicken.

Mit seiner unbeholfenen Aussage zur WM in Katar („ich glaube trotzdem, dass auch 2022 in Katar eine tolle Weltmeisterschaft stattfinden wird“) zeigte er allerdings auch, dass er trotz seiner weitgehend fachmännischen Auftritte als Sky-Experte weiterhin gelegentlich in Fettnäpfchen tappt.

Zum Streichkandidaten macht das Matthäus noch nicht. Er dürfte weiterhin zumindest dem erweiterten Kandidatenkreis angehören. Ob er für den DFB am Ende tatsächlich als Bundetrainer in Frage kommt, dürfte auch davon abhängen, wie sich die Verhandlungen mit anderen Kandidaten gestalten.

Hansi Flick: Bayern-Konflikte heizen Rückkehr-Gerüchte an

Acht Jahre als Co-Trainer, zweieinhalb als Sportdirektor: Mit über zehn Jahren DFB-Erfahrung ist Hansi Flick (56) beim Verband allseits geschätzt. Dass er beim FC Bayern bei seiner ersten großen Station als Vereinstrainer gleich alles gewann, was es zu gewinnen gab, zeigte deutlich: Flick hat ohne Zweifel auch das Zeug zum Bundestrainer.

Die Titelserie in München macht den Abschied von Flick nach nicht einmal zwei Jahren eigentlich unmöglich, das betonte auch Karl-Heinz Rummenigge (65) am Montag (15. März) noch einmal. Doch interne Spannungen mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic (44) bringen den 56-Jährigen offenbar ins Grübeln. Immerhin sind die Differenzen offenbar so ernst, dass Flick die „Unstimmigkeiten“ selbst bereits eingestand.

Flick verwies zwar auch auf seinen bis 2023 laufenden Vertrag, gab dem DFB aber, anders als Klopp, keine klare Absage für den Sommer. Die weitere Entwicklung dürfte davon abhängen, ob der FC Bayern mit Julian Nagelsmann (33) als möglichem Nachfolger ins Gespräch kommt. Sollte der Rekordmeister einen angemessenen Erben für Flick finden, wäre dessen Engagement als Bundestrainer wohl die Wunschlösung der DFB-Bosse.

Stefan Kuntz: Job bei der U21 als Bewerbungsschreiben

Immer wieder wird der Trainer der deutschen U21 als möglicher Löw-Nachfolger gehandelt. Stefan Kuntz (58) könnte, so der Gedanke, auch als Übergangslösung infrage kommen, ehe ein Trainer für die langfristige Nachfolge verfügbar wäre. Die Arbeit mit Talenten vor dem Sprung in die A-Nationalmannschaft war in bislang viereinhalb Jahren Amtszeit äußerst überzeugend.

Allerdings kämen eine Stufe höher noch einmal ganz andere Herausforderungen auf Kuntz zu, der kaum Trainer-Erfahrung auf höchstem Niveau vorweisen kann und zuvor 13 Jahre lang als Funktionär gearbeitet hatte. Die erste Option für den DFB scheint Kuntz daher nicht. Erst wenn Wunsch-Kandidaten wie Flick oder Rangnick endgültig absagen, würden seine Chancen steigen.

Julian Nagelsmann als Kandidat für die ferne Zukunft

Aufgrund seiner steilen Entwicklung wäre dem jüngsten Trainer der Bundesliga-Geschichte der Job als Bundestrainer zuzutrauen, eine ernsthafte Option ist Julian Nagelsmann (33) allerdings nicht.

Nach gerade einmal fünf Jahren im Vereinsfußball winkt in den kommenden Spielzeiten der erstmalige Sprung zu einem absoluten Topklub, womöglich sogar schon im Sommer zum FC Bayern. Den DFB-Job könnte Nagelsmann auch noch in 15 oder gar 20 Jahren anpeilen, aktuell ist der Gedanke aber weder für ihn noch für den Verband ein Thema.