„Viel dämlicher geht's nicht“Kommentar zum skandalösen Kalou-Video bei Hertha BSC

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Hertha-Profi Salomon Kalou hat mit einem Internet-Video für einen handfesten Bundesliga-Skandal gesorgt.

von Anton Kostudis (kos)

Köln – Mit einem Live-Video aus den Hertha-Katakomben hat Fußball-Profi Salomon Kalou (34) am Montag für einen handfesten Bundesliga-Skandal gesorgt. In dem Clip ist zu sehen, wie der Ivorer und mehrere Mitspieler die strengen Hygiene-Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie missachten. Ein Bärendienst für den Verein und die Liga – und Wasser auf die Mühlen aller Kritiker, findet unser Autor. Ein Kommentar.

Seit Wochen hängt eine Fortsetzung der Bundesliga am sprichwörtlich seidenen Faden. Die Situation ist heikel: Einerseits müssen die deutschen Profi-Klubs sicherstellen, dass sie die strengen Vorgaben des DFL-Hygieneplans einhalten, damit Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Länderchefs am Mittwoch womöglich den Daumen für die Liga-Wiederaufnahme heben – positiven Corona-Befunden im Profi-Lager zum Trotz. Gleichzeitig muss der Fußball die Sonderbehandlung, die er in Zeiten der Krise erfährt, seit Wochen wieder und wieder in der Öffentlichkeit moderieren, erklären und verteidigen.

Salomon Kalous Video konterkariert Image-Kampagne

Gebetsmühlenartig betonen daher mächtigste Akteure wie DFL-Chef Christian Seifert oder Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge, dass im Millionen-Konzert Profi-Fußball alles vorbildlich und sauber ablaufe. Es wird von Solidarität gesprochen, von Demut und Gemeinschaft, von Verzicht und von Professionalität. Und nicht zuletzt von der großen gesellschaftlichen Bedeutung, die dem Sport auf dem grünen Rasen vermeintlich innewohnt.

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Eine riesige Image-Kampagne wurde ins Rollen gebracht, um für die Weiterführung der unterbrochenen Spielzeit zu werben. Und jeder Klub stimmte in die teils dramatisch anmutende Säuselei ein.

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Nun allerdings hat Herthas Alt-Profi Salomon Kalou mit einem womöglich verhängnisvollen Live-Video aus der Berliner Kabine all das auf erschreckend skurrile Weise konterkariert. Fußball-Profis ohne Mundschutz, die sich mit Handschlag begrüßen und in der Kabine aufeinanderglucken. Abstandsregeln? Ernsthaftigkeit? Die zuvor so vehement versicherte Professionalität – Fehlanzeige.

Stattdessen: gemeinsames Geschäker und Gelächter. Und als wäre all das für die öffentliche Wahrnehmung nicht schon verheerend genug, echauffieren sich kickende Millionäre dann auch noch mit dumpf-schlichtem Vokabular über ihre Gehaltskürzungen.

Hertha BSC präsentiert sich herrlich hilflos

Der Hauptstadtklub reagierte am Abend und suspendierte Kalou mit sofortiger Wirkung – leistete sich dabei allerdings gleich das nächste denkwürdige Eigentor. Herrlich hilflos hieß es in der offiziellen Stellungnahme, der Vorfall habe „verdeutlicht, dass die regelmäßigen Hinweise auf die Abstands- und Hygieneregeln noch intensiver ausfallen müssen“.

Bedeutet übersetzt: „Unsere Profis waren bislang zu doof, sich den Ernst der Lage vor Augen zu führen.“ Eine Bankrotterklärung für das Hertha-Team, dessen Spitzenverdiener Ibisevic und auch Kalou angeblich sind. Vor allem aber ein Schlag ins Gesicht all jener Menschen, die sich an die Regeln halten – und denen die Corona-Krise derzeit trotzdem den Boden unter den Füßen wegzieht.

Ohne Frage: Viele – größtenteils auch zu Recht frustrierte – Menschen verfallen in diesen Zeiten allzu schnell in Schwarz-Weiß-Denkerei. Eine Tatsache, die in allen gesellschaftlichen Bereichen den Umgang mit der Krise erschwert. Aktionen wie die von Salomon Kalou allerdings sind Wasser auf die Mühlen der Uneinsichtigen, Motzer und Hobby-Verschwörer. Und ein Bärendienst für alle, die mit Vernunft und Weitsicht für das Leben nach Corona kämpfen – auch im Fußball. Kein Wunder: Denn viel dämlicher geht’s auch nicht.